CSU-Landrat als Wickelvolontär

Stefan Rößle ist der erste Mann in dieser Position, der in Elternzeit geht. Seine Partei war anfangs wenig begeistert.

Donauwörth. Als Landrat Stefan Rößle (CSU) im Kreistag bekanntgab, dass er in Elternzeit gehen wird, wurde es plötzlich ganz still. Bei den Parteifreunden habe es "überraschte und lange Gesichter" gegeben, berichtet Rößle. Einer aus den eigenen Reihen am Wickeltisch - bei einigen älteren Kollegen rüttele das wohl an der Weltanschauung. "Aber es hat niemand etwas dagegen gesagt."

Bis dahin hatte die CSU nur Hohn und Spott übrig gehabt für Väter, die sich eine Auszeit vom Job nehmen, um zu Hause die Kinder zu erziehen. "Wir müssen dieses Wickelvolontariat nicht unbedingt haben", hatte CSU-Landesgruppenchef Peter Ramsauer 2006 gesagt, als Bundesfamilienministerin Ursula von der Leyen (CDU) das Elterngeld auch für Väter einführen wollte. "Wenn’s in den Familien funktioniert, kriegt man das auch so ganz gut hin", so Ramsauer.

Doch das verspottete "Wickelvolontariat" entwickelte sich schnell zum Erfolg. Und der erste deutsche Landrat, der zum "Wickelvolontär" wird, kommt ausgerechnet aus der CSU.

Stefan Rößle weiß, dass das eine mutige Entscheidung war. "Aber ich mache es bewusst, um ein Zeichen zu setzen", sagt der 44 Jahre alte Landrat des Kreises Donau-Ries - "und natürlich weil es eine gute Möglichkeit ist, mich ganz meinen Kindern zu widmen."

Die Rößles haben 17 Jahre alte Zwillingstöchter, einen 15Jahre alten Sohn und eine neun Jahre alte Tochter. Vor einem Jahr kam Maike hinzu. "Bisher hatte ich viel zu wenig Zeit für die Familie", sagt der CSU-Politiker.

Als er im Landkreis ein Bündnis für Familien gründete und sich dabei mit dem Thema Elternzeit beschäftigte, kam ihm der Gedanke: "Ich könnte das ja selbst auch machen." Seine Frau Christine glaubte zunächst gar nicht, dass er tatsächlich eine Babypause einlegen würde - doch Rößle meinte es ernst.

Die eigene Partei war gespalten, volle Zustimmung gab es dagegen von der Opposition - und von vielen Bürgern in seinem Wahlkreis. "Die Frauen und junge Männer finden’s durchweg gut", erzählt Rößle. "Nur bei einigen Älteren hab’ ich gemerkt, dass die daran zu beißen haben." Da habe es Diskussionsbedarf gegeben, sagt er diplomatisch.

Von nächster Woche an tauscht Rößle nun seinen Schreibtisch gegen den Wickeltisch. Zwei Monate ganz für Maike - zwei Monate, in denen Politik keine Rolle spielen soll. "Ich hab’ alles so organisiert, dass ich mich ruhigen Gewissens komplett raushalten kann."

Dass er deutschlandweit der erste Landrat ist, der das Elterngeld in Anspruch nimmt, habe er nicht geahnt. Auch nicht, dass es um seine Person einen solchen Wirbel geben würde.

Was ihn allerdings freut, ist, dass er wohl tatsächlich ein Zeichen setzen konnte. "Einige junge Männer sind zu mir gekommen und haben gesagt: ,Wegen Ihnen hab’ ich mich das auch getraut.’" Ein junger Bürgermeister erkundigte sich, "ob die Leute sehr geschimpft haben". Rößle kann den jungen Kollegen beruhigen und rät: "Ziehen Sie’s durch!"

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