Crossfit: Härtester Sport der Welt?

Die Mischung aus Gewichtheben und Ausdauer lockt Menschen in die Kurse. Etwas Bewegung kann nach Weihnachten nicht schaden, aber dieses Training ist nicht für jeden geeignet.

Düsseldorf. Andrea Gilraths Arme beben ein wenig, aber die 43-Jährige stößt sich im Liegestütz unbeirrt weiter vom Boden ab. Auf ihrem Rücken liegt eine flache, fünf Kilo schwere Gewichtscheibe. „Das ist jetzt nur das Aufwärmtraining“, sagt Goran Stefanovsi. „Gleich beginnt das Workout of the Day.“ Crossfit nennt sich der Sport, dem sich der Fitnesslehrer und seine Jünger verschrieben haben. Vor fünf Jahren hat der 30-Jährige das zweite Studio in Deutschland eröffnet, „Crossfit am Rhein“ in Düsseldorf.

Crossfit: Härtester Sport der Welt?
Foto: Melanie Zanin

„Nichts ist schwerer zu ertragen als eine Reihe von guten Tagen“, wusste schon Johann Wolfgang Goethe. Gegen die zusätzlichen Pfunde, die sich an den „guten Tagen“ zu Weihnachten angesammelt haben, helfen Sport und Bewegung. Für jeden gilt es, dabei das richtige Maß zu finden. Für völlig Untrainierte ist Crossfit wohl nur bedingt geeignet.

Mittlerweile gibt es allein in Düsseldorf drei Studios, die sich Crossfit auf die Fahne schreiben dürfen. Der Name ist geschützt, die Lizenz hält der Erfinder des so genannten „härtesten Workouts der Welt“, der ehemalige Turner Greg Glassman. Für eine Art Mitgliedsbeitrag von 3000 Dollar im Jahr dürfen Fitnessstudiobetreiber wie Goran Stefanovski den Namen verwenden. 1000 Euro überweisen die Trainer für ein Ausbildungswochenende mit amerikanischen Coaches an Crossfit Inc. in Washington. Danach darf man offiziell unter dem Titel Crossfit unterrichten. Und genau da liegt das Problem, wie Stefanovski erklärt. Er selbst ist ausgebildeter Lehrer für Fitness und hat lange als Personal Trainer gearbeitet. „Doch im Prinzip kann jeder die Ausbildung machen und ein Crossfit-Studio eröffnen“, sagt er. Wer sich in einem Crossfit-Studio — in Amerika Box genannt — anmelden will, sollte sich vorher gut informieren, wer da Crossfit unterrichtet. Denn die Verletzungsgefahr ist nicht gerade gering.

Das Heben von Gewichten, Liegestütze, Klimmzüge, Sprinten und Turnen in einer möglichst schnellen Kombination stehen im Mittelpunkt. Auch Feuerwehrleute und die Armee benutzen Crossfit als Teil ihres Fitnessprogramms. Aber: „Technik geht vor Geschwindigkeit bei uns“, sagt der Coach. „Daher auch die kleinen Gruppen im Kurs, damit ich jeden einzeln betreuen kann.“

Maximal 14 Teilnehmer sollen auf einmal trainieren. Die Atmosphäre ist freundlich, locker, fast familiär. Wer nicht kommt, meldet sich ab. „Es geht beim Crossfit auch ums Teambuilding“, sagt Stefanovski. „Das macht den Unterschied zu anderem Fitnesssport, wo es eher anonym zugeht. Bei uns ist es ein bisschen wie im Verein, das muss man wollen.“

Für Tim Sagel ist es genau das Richtige. „Ich bekomme hier den Tritt in den Hintern, den ich beim Sport unbedingt brauche“, sagt der 29-jährige Student. „Dann schaffe ich es auch, drei bis fünf Mal in der Woche her zu kommen.“ Auch für Andrea Gilrath war die „Muckibude“ irgendwann zu langweilig.

Die Aufwärmphase ist geschafft. Das Workout of the Day steht an. Meistens tragen die WODs Frauennamen. Heute heißt es „Heavy Fran“. Was es beinhaltet, hat Stefanovski an eine weiße Magnetwand in der Halle geschrieben: 21 Kniebeugen mit der Langhantel auf den Schultern, dann 21 Klimmzüge. Dann das gleiche 15 Mal, dann noch einmal neun Wiederholungen — und das alles so schnell wie möglich. Schnelle Musik peitscht die Sportler an, mit lautem Knallen lassen sie die Hanteln auf den Gummiboden fallen und laufen zur Klimmzugstange. Die Muskeln pulsieren, der Schweiß tropft.

Nach dem dritten Durchgang brüllen die Männer wie Urmenschen, und die Frauen greifen zum Handtuch. Diejenigen, die schon fertig sind, feuern jene, die noch kämpfen, laut an. Anschließend wird sich abgeklatscht und applaudiert. Die Zeiten werden an der Magnetwand festgehalten — ein Ansporn, sie das nächste Mal zu toppen. Draußen wartet schon die nächste Gruppe, fünf Kurse gibt Stefanovski an dem Tag — alle sind voll. „Jeder kann Crossfit machen“, sagt er. „Die Teilnehmer werden da abgeholt, wo sie fitnesstechnisch stehen. Wer keinen Klimmzug schafft, der lernt das hier.“

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