Concordia-Prozess: Erster Offizier beschuldigt Kapitän

Neue Vorwürfe bei Anhörung zur Beweissicherung.

Rom/Grosseto. Sieben Wochen nach der Havarie des Kreuzfahrtschiffs „Costa Concordia“ sind die Ermittlungen in die nächste Phase eingetreten. Hunderte Ermittler, Anwälte, Passagiere und Sachverständige kamen am Samstag im toskanischen Grosseto zum Beweissicherungsverfahren zusammen.

Die Staatsanwaltschaft hat bei der Gelegenheit die Liste der Vorwürfe gegen den Kapitän des am 13. Januar gekenterten Kreuzfahrtschiffes überraschend erweitert.

Francesco Schettino (52) war zuvor von seinem Ersten Offizier beschuldigt worden, auf der Kommandobrücke befohlen zu haben, das Hafenamt über das Ausmaß der Havarie zu belügen.

Die Vorwürfe soll Schettinos Stellvertreter Ciro Ambrosio, der selbst im Visier der Ermittler ist, am 27. Januar zu Protokoll gegeben haben: Er habe ausgesagt, der Kapitän sei sichtlich konfus gewesen, als das Schiff am 13. Januar einen Felsen gerammt habe.

„Dann hat der Kapitän nochmals angeordnet zu sagen, alles sei unter Kontrolle und wir seien dabei, die Schäden zu überprüfen.“ Zu dem Zeitpunkt habe er bereits gewusst, dass Wasser einlief. Obwohl dazu gedrängt, habe Schettino keinen Alarm geschlagen.

Der unter Hausarrest stehende Schettino erschien nicht zu der Anhörung. Der Kapitän hätte um seine Sicherheit bangen müssen, meinte sein Anwalt Bruno Leporatti. Die Ermittler werfen Schettino mehrfache fahrlässige Tötung, Havarie, Verlassen seines Schiffes vor. Dazu kam noch der Vorwurf der Umweltzerstörung in einem Naturschutzgebiet.

„Gerechtigkeit und Wahrheit“ verlangten zahlreiche Geschädigte der Havarie. „Schettino ist ein Krimineller“, meinte eine Passagierin der „Concordia“. Wegen des starken Andrangs von Zeugen war der nichtöffentliche Termin in einen großen Theatersaal gelegt worden. dpa

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