Krefeld Colonia Dignidad: Politik streitet über Folter-Sekte

Landgericht prüft Fall Hopp immer noch. Ärger im Bundestag: Grüne und Linke fordern Aufklärung über die Rolle deutscher Politik. SPD und CDU stellen eigenen Antrag.

Krefeld: Colonia Dignidad: Politik streitet über Folter-Sekte
Foto: Dirk Jochmann

Krefeld. Das Krefelder Landgericht prüft die Gerichtsakten aus Chile. Immer noch. Hartmut Hopp, der langjährige Krankenhausleiter der berüchtigten Foltersekte Colonia Dignidad, wohnt seit 2011 in Krefeld, hat hier seine neue religiöse Heimat in der Freien Volksmission gefunden und lebt sein Leben. Der 72-Jährige wartet auf die Entscheidung, ob er in Deutschland wegen der Beihilfe zu sexuellem Missbrauch von Jugendlichen für fünf Jahre ins Gefängnis muss. In Berlin streiten ganz aktuell die Bundestagsfraktionen über die Colonia Dignidad.

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Nach einer Delegationsreise des Ausschusses für Recht und Verbraucherschutz an den Ort des Grauens im November sollte eigentlich ein überfraktioneller Antrag zur Aufklärung von Verwicklungen deutscher Politik gestellt werden. Folter, Mord, Vergewaltigung, sexueller Missbrauch von Minderjährigen. Wie konnte die Sekte um Gründer Paul Schäfer so lange ihr Unwesen treiben? Unterschrieben haben diesen Antrag am Donnerstag nur Grüne und Linke. CDU und SPD möchten nun einen eigenen stellen.

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Hartmut Hopp zur Mitschuld deutscher Behörden

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Das ärgert die Grünen-Abgeordnete Ulle Schauws aus Krefeld gewaltig: „Es ist nicht nachvollziehbar, warum CDU/CSU und SPD kurzfristig ihre Zusage zu diesem wichtigen, gemeinsamen Antrag zurückgezogen haben. Sie waren bereits wortwörtlich damit einverstanden. Gerade bei diesem dunklen Kapitel in der deutschen Vergangenheit, bei der viel weggesehen wurde, wäre es ein wichtiges Signal, als Parlament Geschlossenheit zu demonstrieren. Einen eigenen Antrag als Große Koalition mit gleicher Zielsetzung zu formulieren, macht daher keinen Sinn. Ich finde das sehr bedauerlich.“

Die angesprochenen Krefelder Kollegen Siegmund Ehrmann (SPD) und Kerstin Radomski (CDU) geben sich wortkarg. Aus dem Büro des Genossen kommt die knappe Nachricht, dass er sich dem Koalitionsantrag anschließen werde. Wie er den Fall selbst einschätzt, verrät Ehrmann auf Nachfrage nicht. Radomski gibt sich ähnlich zugeknöpft: „Generell unterstütze ich eine Aufarbeitung jedweden Unrechts. Nach meinen Informationen gibt es zu Colonia Dignidad einen Koalitionsantrag, der sich in der internen Abstimmung befindet und in der kommenden Sitzungswoche beraten wird.“

Der Justizflüchtling Hopp hatte gegenüber der WZ Ende Januar in einem Exklusiv-Interview Verbrechen in der Colonia Dignidad eingeräumt, aber jegliche persönliche Schuld von sich gewiesen. Er will von Mord und sexuellem Missbrauch erst im Nachhinein erfahren haben. Zur Mitschuld deutscher Behörden sagte er: „Ich weiß heute, dass es einzelne Personen der CD gegeben hat, die die deutsche Botschaft um Hilfe gebeten hatten und denen diese Hilfe dort versagt worden war.

Etwa die Zuflucht auf das Botschaftsgelände. Mindestens Ende der 60er bis Ende der 70er Jahre hat die Botschaft mit der CD kooperiert. Und 1988 hat das deutsche Außenministerium die Arbeit der Bundestagskommission zur CD absolut boykottiert.“

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