Höhepunkt im Dorfleben : Brauchtum und Moderne - Maibaum bekommt Videoüberwachung
München (dpa) - Bis zur Ortsgrenze hatten die Diebe ihre Beute schon geschleppt. Ausgerechnet den Maibaum des bayerischen Ministerpräsidenten Markus Söder (CSU) wollten sie stehlen - und wurden im letzten Moment ertappt.
Der nächtliche Klau gehört zum Maibaum-Brauch. In vielen Orten Bayerns laufen - wie im Rheinland, in Baden-Württemberg und im hohen Norden - die letzten Vorbereitungen für das Aufstellen der Maibäume. Und bereiten vielerorts schlaflose Nächte: Um Diebe abzuhalten, muss gewacht werden. Nacht für Nacht. Der Maibaum-Diebstahl, so selten er glückt, ist ein Höhepunkt im Dorfleben. Er ist verbunden mit Lösegeld: Bier, Schnaps und Brotzeit.
Der Fortschritt macht allerdings auch bei dem alten Brauch nicht halt. Was Sicherheitsbehörden bei Kriminellen anwenden, haben Feuerwehren, Burschen- und Trachtenvereine für sich entdeckt. Videoüberwachung, Alarmanlagen und Infrarotsender mit direktem Signal aufs Handy machen es den Dieben schwer.
„Wir waren gerade dabei, den Baum aufzuladen, da sind sie schon gekommen“, berichtet Simon Huff, Vorsitzender der Lindenburschen Neubiberg, vom letzten Diebstahlversuch in einer Nachbargemeinde. Die Besitzer hatten gar nicht am Baum gewacht, sondern kamen mit Autos. Die Neubiberger rätselten, wie die Bewacher Wind bekommen konnten, und schlichen sich nochmals heran. „Es hat uns keine Ruhe gelassen.“ Ergebnis: Der Baum war präpariert. Ein Bewegungsmelder war im Fuß verborgen. Nun hatten die Bewacher keine Ruhe - die gescheiterten Diebe rüttelten alle paar Stunden mit Freude an dem Baum.
Söders weiß-blau-geringelter Maibaum war nicht elektronisch gesichert, sondern herkömmlich bewacht, der Ort war zunächst geheim. Er soll vor der Landesvertretung in Brüssel aufragen, wenn das bayerische Kabinett dort zu einer Sitzung zusammenkommt. Alles soll ganz traditionell vor sich gehen: Nicht ein Autokran, wie teils schon praktiziert, sondern Trachtler sollen den Baum mit Holzstangen - Schwaiberln - Zentimeter um Zentimeter aufrichten.
Kurz nach seiner Kür zum Regierungschef hatte Söder den Maibaum-Plan auf den Weg gebracht. Söder habe ihm mitgeteilt, dass er gern einen Maibaum vor der Vertretung des Freistaats bei der EU aufstellen würde, sagt Thomas Huber, CSU-Landtagsabgeordneter aus Ebersberg und nun Maibaum-Beauftragter des Ministerpräsidenten. „Ich fand die Idee super, im Herzen Europas ein traditionelles Symbol zu setzen.“