Blitzeis lähmt Verkehr - Tauwetter bringt Flut-Gefahr

Berlin (dpa) - Eisglatte Straßen und Gehwege haben am Donnerstag Autos und Fußgänger in weiten Teilen Deutschlands ins Schlingern gebracht. Plötzlicher Eisregen legte zudem in Berlin und Nürnberg Flughäfen vorübergehend still.

Es gab tausende Unfälle und Stürze, Hunderte Menschen wurden von den Rettungswagen in Notaufnahmen der Krankenhäuser gebracht. Mehrere Autobahnen wurden vorübergehend gesperrt. Gleichzeitig einsetzendes Tauwetter und Regenfälle ließ unterdessen vor allem in Sachsen-Anhalt und Rheinland-Pfalz die Pegelstände steigen. So drohen am Wochenende an Mosel und Rhein bereits Überflutungen von Wohnhäusern.

Wer sein Auto am Donnerstag lieber stehen ließ und sich zu Fuß zur Arbeit aufmachte, riskierte auf vereisten Gehwegen schmerzhafte Stürze. Die Berliner Feuerwehr rief am Morgen den Ausnahmezustand aus: 115 Rettungswagen mussten von Mitternacht bis 12.00 Uhr in der Hauptstadt 182 Glatteis-Opfer einsammeln und in Krankenhäuser bringen. „Es ging quer durch - Schulkinder, Alte und jüngere Menschen waren betroffen“, so ein Sprecher. Es gab Kopfplatzwunden, Prellungen und Knochenbrüche. In Hamburg rückten die Helfer zwischen 6 Uhr und Mittag rund 200 Mal aus, um Gestürzten zu helfen. Die Notaufnahme im Leipziger Uni-Klinikum behandelte am Vormittag 70 Patienten, die gestürzt waren. „Wir haben viermal soviel Ärzte eingesetzt und zusätzliche Betten aufgebaut, weil wir keinen nach Hause schicken wollten“, sagte Klinik-Sprecher Heiko Leske.

In Hannover wurde eine 82-Jährige Frau von einem Eisblock erschlagen. Die alte Dame war mit ihrem Hund auf einem Bürgersteig unterwegs, als der Eisblock von dem etwa zehn Meter hohen Dach eines Mehrfamilienhauses fiel. Wie die Polizei mitteilte, sah ein 27 Jahre alter Autofahrer die Frau auf dem Boden liegen und versuchte noch, sie wiederzubeleben. In einem Krankenhaus erlag die Rentnerin aber wenig später ihren Verletzungen.

Auf der Autobahn München-Stuttgart (A8) krachte am Morgen auf spiegelglatter Fahrbahn ein Sattelschlepper aus dem Kosovo frontal in einen Reisebus. Dabei wurden 33 Menschen verletzt, darunter die Fahrer des Busses und des Sattelschleppers schwer. Der Fahrer des Fernlinienbusses aus dem Kosovo nach Frankfurt am Main hatte wegen eines Unfalls bremsen müssen und stellte sich auf den Fahrbahnen quer. Der Fahrer eines Sattelzugs konnte nicht mehr rechtzeitig bremsen und krachte in den mit mehreren Dutzend Menschen besetzten Bus. Die A8 wurde total gesperrt. Die bayerischen Behörden forderten die Bürger auf, nicht mit dem Auto zu fahren.

Gefrierender Regen verwandelte auch in Baden-Württemberg die Straßen in gefährliche Rutschbahnen. Nach Angaben des Innenministeriums krachte es bis zum Vormittag rund 450 Mal. 34 Menschen wurden verletzt, 5 von ihnen schwer. In Hamburg und Schleswig-Holstein berichtete die Polizei von bis zu zwei Zentimeter Eis auf den Straßen. Allein in Hamburg gab es bis zum Mittag 130 Verkehrsunfälle. Die Autobahn 24 zwischen Hamburg und Berlin musste in Mecklenburg-Vorpommern am Vormittag gleich an zwei Stellen wegen Glatteis und einem schweren Unfall gesperrt werden.

Der Berliner Flughafen Tegel und der Nürnberger Flughafen wurden nach Eisregen vorübergehend gesperrt und auf den Start- und Landebahnen Enteisungsmittel gestreut. Dagegen fuhr die Bahn weitgehend störungsfrei. Es gebe kleinere Verspätungen aber keine schweren Ausfälle, sagte ein Sprecher. Es sei aber zu beobachten, dass viele Menschen vom Auto auf den Zug umgestiegen seien.

Vor allem in Niedersachsen und Brandenburg saßen viele Pendler fest, weil keine Busse fahren konnten. Wer nicht unbedingt aus dem Haus müsse, solle dies dringend unterlassen, riet die Polizei. In Niedersachsen fiel vielerorts auch die Schule aus. In Mecklenburg- Vorpommern stellte das Schweriner Innenministerium den Eltern es frei, ihre Kinder in die Schule zu schicken, da in vielen Landkreisen die Schulbusse nicht fuhren.

Unterdessen mussten sich die Menschen den Flüssen in vielen Regionen bereits auf Hochwasser vorbereiten. Am Rhein-Pegel Koblenz wird mit einem Wasserstand von 8 Metern gerechnet. „Das war zuletzt 2001 der Fall“, sagte ein Behördensprecher. Bei rund 7,20 Metern werde bereits das Deutsche Eck überflutet. Die Feuerwehr geht daher davon aus, dass das Wasser unter anderem auch in die nahe Altstadt gelangt.

Auch an der Mosel wird das Hochwasser nach Einschätzung von Experten im Laufe des Freitags rasch auf acht Meter steigen und am Wochenende neun bis zehn Meter erreichen. Bei sechs bis acht Metern würden einige Uferstraßen an der Mittelmosel überschwemmt. Bei über neun Metern seien auch Häuser einzelner Ortschaften betroffen. In Traben-Trarbach etwa laufen dann im Stadtteil Traben Keller voll. Sandsäcke und Pumpen liegen bereit.

In Sachsen-Anhalt rechnet der Landesbetrieb für Hochwasserschutz bis Sonntag an den Flüssen Unstrut, Bode, Ilse, Aller, Mulde und Weiße Elster mit dem Erreichen der Alarmstufe 2. In Niedersachsen werden Überflutungen von Ufern der Weser und von Ackerflächen erwartet.

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