„Biggs ist für niemanden mehr eine Gefahr“

Der legendäre Posträuber liegt im Krankenhaus. Die Familie fordert seine Haftentlassung.

London. Er war der meistgesuchte Ganove Großbritanniens: 35 Jahre lang lebte Ronnie Biggs nach seinem spektakulären Überfall auf einen Postzug auf der Flucht - bis er 2001 aus gesundheitlichen Gründen nach einem Schlaganfall in die Heimat zurückkehrte und sich der Justiz stellte. Mittlerweile hat sich der Gesundheitszustand des legendären Posträubers weiter verschlechtert: Am Wochenende wurde der 79-Jährige vom Gefängnis im ostenglischen Norwich mit einer Lungenentzündung in eine Klinik gebracht. Dort werde er voraussichtlich bis Dienstag bleiben müssen, hieß es.

Wegen Biggs’ schwerer Krankheit werden auch wieder Rufe nach seiner Begnadigung und einer Verkürzung seiner 30-jährigen Haftstrafe laut. "Warum zeigen sie keine Gnade und lassen ihn frei, damit er bei seiner Familie sein kann?", sagte Sohn Michael. "Warum sollte man an ihm Steuern verschwenden? Mein Vater ist für niemanden mehr eine Gefahr." 2007 war der Posträuber nach mehreren Schlaganfällen von einem Hochsicherheitsgefängnis in das auf kranke Häftlinge spezialisierte Gefängnis Norwich verlegt worden.

Ronnie Biggs gilt als einer der führenden Köpfe bei dem Überfall auf den Nachtzug von Glasgow nach London im August 1963. Die Gangster entkamen mit einer damals sagenhaften Beute von 2,6 Millionen Pfund - heute wären das nach Schätzungen fast 40 Millionen Pfund (etwa 44,6 Millionen Euro). Die meisten Posträuber wurden bald gefasst, Biggs brach jedoch nach 15 Monaten aus dem Gefängnis aus. Danach ließ er sich sein Gesicht operieren und flüchtete nach Brasilien. Versuche der britischen Polizei, Biggs festzunehmen, scheiterten: Die brasilianische Regierung verweigerte die Auslieferung - unter anderem weil er von der einheimischen Stripperin Raimunda de Castro ein Kind erwartete.

Biggs erlangte Kultstatus, nahm Songs mit den Sex Pistols und den Toten Hosen auf, und seine Lebensgeschichte wurde mehrfach verfilmt. Die Beute wurde nur zum kleinen Teil nach der Festnahme der Gangster sichergestellt. Es wird vermutet, dass die flüchtigen Räuber den größten Teil auf ihrer Odyssee ausgegeben haben.

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