BGH hebt Urteil wegen Zitronensaftbehandlung auf

Karlsruhe/Mönchengladbach (dpa). Der Bundesgerichtshof hat die Verurteilung eines ehemaligen Chefarztes aufgehoben, der die Wunde einer frisch operierten Patientin mit ausgepresstem Zitronensaft behandelt hatte.

Der Chefarzt einer Klinik in Wegberg in Nordrhein-Westfalen war vom Landgericht Mönchengladbach wegen Körperverletzung mit Todesfolge zu einem Jahr und drei Monaten Haft auf Bewährung verurteilt worden. Die Patientin war nach einer Darmoperation an einer Wundinfektion gestorben. Es konnte jedoch nicht festgestellt werden, dass der Zitronensaft Ursache für den Tod der Frau war, teilte der BGH am Mittwoch mit. Der Fall muss nun neu verhandelt werden (Az. 3 StR 239/10).

Der ärztliche Direktor und Chefarzt hatte die 80-Jährige am Darm operiert. Ihr Zustand verschlechterte sich nach dem Eingriff dramatisch, ein zweite Operation wurde nötig. Die Frau starb an den Folgen der Wundinfektion nach der ersten OP. Der Arzt hatte ihr Antibiotika gegeben - und außerdem mit Zitronensaft getränkte Streifen in die Wunde gelegt. Später spülte er die Wunde mehrmals mit Zitronensaft aus. Helferinnen hatten dafür in der Stationsküche unter unsterilen Bedingungen eine Zitrone aufgepresst. Der Arzt war von der keimtötenden Wirkung des Saftes überzeugt. Der BGH sprach von einer „unerprobten Außenseitermethode“.

Der frühere Chefarzt muss sich derzeit in einem zweiten Prozess wegen des Vorwurfs der Körperverletzung 17 weiterer Patienten verantworten. Die Staatsanwaltschaft wirft ihm unter anderem vor, für den Tod von sieben Patienten verantwortlich zu sein. Er habe aus Profitstreben seinen Patienten gesunde Organe entnommen und an teuren Medikamenten gespart, so die Anklage.

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