Berlinale: Madonna stiehlt allen die Show

Die Pop-Diva reiht sich mit ihrem Film in Kosslicks Riege der Musik-Stars ein. Die Hysterie war noch größer als bei den Rolling Stones.

Berlin. Wahrscheinlich kommt es nicht von ungefähr, dass der Film "Filth and Wisdom" auf der Berlinale außer Konkurrenz läuft. Die Frau, die ihn gemacht hat, tut es schließlich auch. Madonna kam nach Berlin, der Medienaufruhr, den ihre Pressekonferenz erfuhr, stellte selbst die Hysterie, mit der die Rolling Stones empfangen wurden, in den Schatten.

Gleichzeitig vollendete sie den Reigen namhafter Popstars, die die Berlinale scheinbar zu einem Branchentreff der Musikszene ausarten ließen. Mit Patti Smith, den Rolling Stones, Neil Young und eben Madonna hat Festspielleiter Dieter Kosslick vier Fixsterne des Popbetriebs auf sein Festival gelockt, getreu seinem Motto, dass er jeden Tag einen großen Namen bieten will. "Film Goes Pop" titelten die Hauptstadtgazetten, wem das Altrockertreiben übel aufstieß, ätzte gar vom "Berlin Popfestival".

Genau wie ihre Protagonisten im Film habe sie vor ihrer Karriere in Bars gekellnert, sogar Schlimmeres gemacht. "Was, darauf werde ich nicht näher eingehen", sagte sie mit vielsagendem Lächeln. Dass ihre Ensemblearbeit keine billige Parabel wurde, dafür sorgt sie als Koautorin mit erstaunlich pointiertem Witz und einer geradlinigen Figurenzeichnung. Die Aufregung also völlig umsonst, Madonna machte mal wieder nur das, was sie am besten kann: sich selbst inszenieren.

Insofern ist sie von ihren singenden, pardon, rockenden Festivalkollegen nicht allzu weit entfernt. Der einzige Unterschied ist, dass Jagger, Smith & Young die Kamera auf sich selbst halten ließen. Dabei kam im Falle von Underground-Ikone Smith in der Künstler-Doku "Dream Of Life" Aufschlussreiches über ihr Leben heraus, melancholisch, witzig, leicht unfertig, eben so, wie man sie kennt. Und deswegen auch mögen muss.

Bei den Stones und Youngs alternder Boygroup, deren Nachnamen mittlerweile griffig zu CSNY abgekürzt werden, gibt es hingegen keine neuen Erkenntnisse. Jagger und Co. ließen sich während eines Konzertes abfilmen, Young und Mannen verfolgte die Kamera bei ihrer 2006er-Revival-Tour durch die USA. Den Gitarrenhals halten sie mal gerade, mal schief, ihre Stimmen sind brüchig, aber tragend, über die Musiker selbst allerdings erfährt man wenig bis nichts.

Das muss man auch nicht. Dem Festival, in erster Linie ihrem Leiter Kosslick, ging es darum, die Stars über den Roten Teppich laufen zu lassen. Madonna hat es insofern wieder einmal geschafft, ihre Musikerkollegen zu übertrumpfen, da ihr Film tatsächlich ein kreativer Prozess und nicht nur eine selbstverliebte Huldigung ist.

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