Berlinale: Daldrys 9/11-Film und Jolies Mission

Berlin (dpa) - Die Berlinale startet durch: Nach dem eher verhalten aufgenommenen französischen Eröffnungsfilm „Leb wohl, meine Königin!“ ging am Freitag als zweiter Wettbewerbsbeitrag der senegalesische Film „Aujourd'hui“ von Alain Gomis ins Rennen um den Goldenen Bären.

Hollywoodstar Angelina Jolie ist unterdessen in politischer Mission in der deutschen Hauptstadt unterwegs. Und der Brite Stephen Daldry zeigte außer Konkurrenz das für zwei Oscars nominierte Drama „Extrem laut und unglaublich nah“ mit Tom Hanks, Sandra Bullock und Max von Sydow.

Bereits einen Tag vor der Berlinale-Premiere ihres Regiedebüts „In The Land Of Blood And Honey“ machte die 36-jährige Jolie klar, dass sie mehr will als Glanz und Glamour auf dem roten Teppich. Am Nachmittag traf die US-Schauspielerin Außenminister Guido Westerwelle (FDP). Bei dem Termin im Auswärtigen Amt ging es auch um Jolies Engagement für das UN-Flüchtlingshilfswerk UNHCR.

Die Lebensgefährtin von Brad Pitt unternahm in den vergangenen Jahren mehr als 40 Reisen in Krisengebiete und Flüchtlingscamps. Auch Jolies Film nimmt Partei für die Opfer von Krieg und Gewalt. Mit serbischen, kroatischen und bosnischen Schauspielern erzählt „In The Land Of Blood And Honey“ die Geschichte einer tragischen Liebe während des Balkankrieges - Täter und Opfer verlieben sich ineinander.

„Ich war schon oft in der Region, aber ich konnte einfach nicht wirklich verstehen, was damals passiert war“, sagte Jolie im Interview mit der Nachrichtenagentur dpa und anderen Medien. „Das ist einer dieser Konflikte, wo ich die Puzzleteile einfach nicht zusammengekriegt habe. Ich fand, dass die Welt darüber nicht genug sprach.“ Um die Hintergründe des Konflikts besser zu verstehen, habe sie begonnen zu recherchieren. Daraus sei ein Drehbuch entstanden. „Die UNO spielte in dem Konflikt keine Glanzrolle“, sagte Jolie.

Der Brite Daldry („Der Vorleser“, „Billy Elliot“) hat den Bestseller „Extrem laut und unglaublich nah“ von US-Autor Jonathan Safran Foer verfilmt, der aus der Sicht des neunjährigen Oskar (sehr einfühlsam gespielt von Thomas Horn) von den Folgen der Attentate auf das World Trade Center am 11. September 2001 erzählt. Bullock und Hanks, die in der Rolle von Oskars Eltern zu sehen sind, waren allerdings nicht nach Berlin gekommen, um den Film persönlich vorzustellen.

„Es gibt sehr viele Geschichten, die über den 11. September erzählt werden könnten. Das hier ist nur eine über einen einzelnen katastrophalen Verlust innerhalb einer Familie“, sagte Daldry im Interview mit der Nachrichtenagentur dpa und anderen Medien. „Mich überraschen in dem Zusammenhang immer noch viele Dinge, zum Beispiel, dass es in amerikanischen Schulen nicht auf dem Lehrplan steht. In den USA wachsen Kinder auf, die schlichtweg nicht wissen, was passiert ist, warum es passiert ist und welche Konsequenzen es hatte“, sagte Daldry.

Im Film findet Oskar im Schrank seines bei den Anschlägen ums Leben gekommenen Vaters einen Schlüssel. Er ist sich sicher, dass sein Vater ihm etwas hinterlassen hat - und so streift der Junge durch New York, immer in der Hoffnung, das zu dem Schlüssel passende Schloss zu finden. Max von Sydow spielt einen älteren Mann, der bei Oskars Großmutter zur Untermiete lebt und dem Jungen bei seiner Suche hilft. Es sind tragische Bilder, die der Film in Erinnerung ruft. Menschen, die in einem der Hochhaustürme gefangen sind. Menschen, die ihre Liebsten ein letztes Mal anrufen. Menschen, die als Überlebende zurückbleiben, ohne wirklich zu leben.

Alain Gomis erzählt in „Aujourd'hui“ von einem Mann, der kurz vor seinem erahnten Tod aus den USA in seine Heimat Senegal zurückkehrt und dort mit seiner Vergangenheit konfrontiert wird. Ob im Traum oder in Wirklichkeit bleibt offen. Für den Nachmittag stand noch der französische Wettbewerbsbeitrag „A moi Seule“ („Coming Home“) von Frédéric Videau auf dem Programm. In dem als „kontroverses Werk“ angekündigten Film geht es um eine Frau, die als Mädchen Opfer einer Entführung wurde.

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