Bankerin spielt Robin Hood

62-Jährige buchte Geld von Sparbüchern reicher Kunden auf Konten armer Leute. Die Frau erhielt eine Bewährungsstrafe.

Bonn. Sie buchte heimlich Geld von den Sparbüchern reicher Kunden auf die Konten ärmerer Leute: Insgesamt waren das von 2003 bis 2005 rund 7,6 Millionen Euro. Für sich selbst zweigte sie keinen einzigen Cent ab. Am Montag stand die 62 Jahre alte ehemalige Filialleiterin einer Bank im Bonner Umland vor dem Bonner Landgericht. Die Frau wurde zu 22 Monaten Haft auf Bewährung verurteilt, weil sie sich der Untreue in 117 Fällen schuldig gemacht hatte.

Einen Großteil des Geldes konnte sie wieder zurück transferieren - auf 1,1Millionen Euro blieb die Bank jedoch letztlich sitzen, weil die Kontoinhaber zu tief ins Minus gerutscht waren. Als strafmildernd wertete das Schöffengericht neben dem Geständnis der Frau, dass sie sich offenkundig nicht persönlich bereichert hatte. Außerdem habe sie durch die Mitleids-Taten ihren Arbeitsplatz verloren und auch bereits finanzielle Wiedergutmachung geleistet.

Die Frau kannte als Leiterin einer kleinen Zweigstelle auf dem Land die meisten Kunden und hatte Einblick in deren Konten, berichtet der WDR. Dabei bekam sie mit, dass einige Kunden ihre Sparbücher mit zum Teil sechsstelligen Beträgen über Jahre nicht angetastet hatten. Andere dagegen waren ständig in großen Geldschwierigkeiten, ein Ausgleich des Kontos war daher nicht in Sicht.

Aus Mitleid begann die Bankfrau damit, die Gelder umzuverteilen. Ihr Ziel sei es laut Anklage gewesen, sich das Geld reicherer Kunden für den Zeitraum zu "leihen", in dem die Überziehungslisten der Bank geprüft wurden. Damit Kunden, die stets in den Miesen waren, nicht auffielen, buchte sie in den Prüfungszeiträumen das Geld reicherer Kunden auf die überzogenen Konten um. Nachdem die Prüfung vorbei war, überwies sie das Geld wieder zurück.

14 Monate lief das System, doch es gab ein Problem: Insgesamt 7,6 Millionen Euro mit Einzelbeträgen zwischen 200 und mehr als 200 000 Euro hatte die Frau von den Reichen "geborgt", aber nur 6,5 Millionen wurden zurückgebucht. Weil einige Kunden so weit in den Dispo rutschten, war kein Geld für die geplante Rücküberweisung mehr da. Schließlich schöpfte das Finanzamt Verdacht, weil die Frau nicht nur klamme Privatleute bezuschusste, sondern etwa auch ein kleines Taxi-Unternehmen.

"Die Angeklagte hat sich nicht einen Cent in die eigene Tasche gesteckt. Das war letztendlich das pure Mitleid mit Menschen, die wirtschaftlich Not leidend wurden", so ihr Anwalt Thomas Ohm gegenüber dem WDR.

Doch es blieb ein Schaden von rund 1,1 Millionen Euro. Den wollte die Bank ersetzt haben. So kamen das kleine Einfamilienhaus der Frau und ein vermietetes Mehrfamilienhaus unter den Hammer. Darüberhinaus habe die Bank das gesamte Vermögen der Angeklagten verwertet, so ihr Anwalt.

Heute geht die Frau, die den Armen mit einer Straftat half, selbst am Bettelstab. Sie lebt von einer kleinen Frührente, die bis auf das Existenzminimum gepfändet wird.

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