Aus Westafrika ins Rheinland

Fama Jobe sprach kein Wort Deutsch, als sie nach NRW kam. Heute besucht sie ein Gymnasium in Düsseldorf.

Düsseldorf. Als Fama Jobe aus Gambia nach Essen kam, sprach sie kein Wort Deutsch. Das war im September 2007. „Am Anfang habe ich mich nicht so gut integriert, bin kaum rausgegangen,“ sagt die 20-Jährige. Heute wird ihr Name auf dem Schulhof des Theodor-Flieder-Gymnasiums in Düsseldorf oft gerufen — sie hat viele Bekannte und Freunde. Fama spricht gut Deutsch und ist inzwischen so gut integriert, dass sich kürzlich sogar das Fernsehen für sie interessiert hat. Auf EinsFestival lief unlängst die Reportage „Ohne Deutsch aufs Gymnasium“.

Famas Vater lebt seit gut 20 Jahren in Essen, Fama sollte nachkommen. Doch es gab ein Problem: Die Schülerin musste jünger als 17 Jahre alt sein, um ohne Weiteres einzuwandern. Kurz vor ihrem Geburtstag war sie im Konsulat in Gambia. Es ging „gerade so“ gut. Sie grinst. „Mit Ach und Krach.“ Ihre jüngeren Geschwister sollen auch irgendwann nach Deutschland kommen, sagt sie. „Meine Mutter möchte aber lieber in die USA, Deutschland ist ihr zu bürokratisch.“

In Essen angekommen, gab es keine geeignete Schule für Fama. Deswegen ging sie zunächst auf ein Internat in Rhede im Kreis Borken. Dort besuchte sie einen Sprachkurs und hatte hauptsächlich mit anderen Ausländern zu tun. „Zwei Jahre lang hatte ich nur eine deutsche Freundin.“

Das änderte sich, als die RAA (Regionale Arbeitsstelle zur Förderung von Kindern und Jugendlichen aus Zuwandererfamilien) ihr das Theodor-Fliedner-Gymnasium vermittelte, das ein spezielles Förderkonzept für Einwanderer anbietet.

Einen Umzug konnte Fama sich allerdings nicht leisten. Deshalb pendelt sie zwischen Essen und Düsseldorf — eineinhalb Stunden hin, eineinhalb Stunden zurück. Sie seufzt, versinkt in ihrem Stuhl. „Ich stehe um 5.30 Uhr auf.“ Abends ist sie um 18 Uhr zu Hause. Dann bleibt nur noch Zeit für Duschen, Essen, die Nachrichten, Telefonieren, Hausaufgaben und Schlafen, berichtet die Schülerin. „Das belastet mich so sehr, dass ich nichts mehr machen kann.“

Dabei hat sie viele Wünsche. „Ich möchte in einen Volleyball-Verein oder schwimmen lernen“, erzählt Fama. Zwar hat sie in Gambia fünf Minuten vom Meer entfernt gelebt. „Frauen dürfen dort aber nicht schwimmen.“

Im Gymnasium stieg Fama in die zehnte Klasse ein. Sie besuchte den Förderunterricht, in Englisch und Französisch nahm sie am Regelunterricht teil. Nach zwei Wochen war sie Klassensprecherin, vergangenes Schuljahr auch Sprecherin der Jahrgangsstufe 11. „Ich fühle mich wohl“, sagt Fama.

Sie wird von einem Stipendium der Start-Stiftung unterstützt, bei dem „50 von 900 Bewerbern genommen wurden“. Ein Augenmerk bei der Bewerbung lag auf außerschulischem Engagement: Fama hat in einem Düsseldorfer Altenheim bei der Essensausgabe gearbeitet.

Beruflich interessiert sie die Zahnmedizin. „Als Zahnärztin kann ich überall arbeiten, eventuell in England“, sagt sie. Wenn es ihr finanziell gut geht, kann sie sich eine Rückkehr nach Gambia vorstellen, die Verbindung zur Heimat ist noch stark. Ihr Blick wird träumerisch. „Wenn ich jetzt in Gambia wäre . . .“, sagt sie. Vor allem das Wetter vermisse sie. Aber auch das Essen. Und die Freiheit, einfach spontan bei Freunden vorbeizuschauen. „Hier muss man immer vorher telefonieren.“

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