Coronavirus-Pandemie Auch Deutschland riegelt Grenzen ab - Drohen bald leere Regale?

Berlin/Brüssel · In der Coronavirus-Krise ist von freiem Reisen in Europa nicht mehr die Rede - etliche EU-Länder machen Grenzen dicht, nun auch Deutschland. Für den Nachschub in den Läden ist das keine gute Nachricht.

 Wegen des Coronavirus führt Deutschland ab Montagmorgen strenge Regeln an seinen Grenzen zu Frankreich, Österreich und zur Schweiz ein.

Wegen des Coronavirus führt Deutschland ab Montagmorgen strenge Regeln an seinen Grenzen zu Frankreich, Österreich und zur Schweiz ein.

Foto: dpa/Georgios Kefalas

Wegen der Coronavirus-Krise schließt Deutschland an diesem Montag seine Grenze zu Dänemark. Dies teilte Schleswig-Holsteins Ministerpräsident Daniel Günther (CDU) am Sonntag in Kiel der Deutschen Presse-Agentur mit. Auch die Grenzen zu Frankreich, Österreich und zur Schweiz werden nach Angaben aus Regierungskreisen teilweise abgeriegelt. Geplant sind demnach verschärfte Kontrollen, Einreisebeschränkungen und Zurückweisungen.

Zuvor hatten schon andere EU-Staaten ihre Grenzen dicht gemacht, darunter Dänemark, Polen, die Slowakei, Tschechien und Österreich. Frankreich kündigte als Reaktion auf die deutschen Maßnahmen ebenfalls verschärfte Kontrollen an.

EU-Kommissionschefin Ursula von der Leyen äußerte sich äußerst besorgt und warnte vor leeren Supermarktregalen - es seien bereits Tausende Lastwagenfahrer an den Grenzen gestrandet. „Wenn wir jetzt nicht handeln, werden Läden Schwierigkeiten bekommen, ihre Lager mit bestimmten Produkten zu füllen“, sagte von der Leyen in einem auf Twitter verbreiteten Video. „In diesem Moment der Krise ist es von äußerster Wichtigkeit, unseren gemeinsamen Binnenmarkt am Laufen zu halten.“

 Eine Kundin liest ein Schild an einem leeren Regal in einem Supermarkt in Berlin. Dieses informiert Kunden darüber, dass aufgrund erhöhter Nachfrage aktuell nicht alle Produkte angeboten werden können.

Eine Kundin liest ein Schild an einem leeren Regal in einem Supermarkt in Berlin. Dieses informiert Kunden darüber, dass aufgrund erhöhter Nachfrage aktuell nicht alle Produkte angeboten werden können.

Foto: dpa/Christoph Soeder

Gesundheitsschutz dürfe nicht dazu führen, dass wichtige Güter und Personal blockiert würden, sagte die Kommissionschefin. Sie kündigte für Montag einen Vorschlag für einheitliche Kontrollmaßnahmen an den europäischen Grenzen an.

Über die Verschärfung der Regeln an den deutschen Grenzen hatte zuerst die „Bild Zeitung“ berichtet. Die Bundesregierung hatte sich dem Vernehmen nach mit den Bundesländern Bayern, Baden-Württemberg, Saarland und Rheinland-Pfalz abgestimmt. Die Einreisebeschränkungen für bestimmte Personengruppen an den Grenzen zu Frankreich, Österreich und zur Schweiz sollen ab Montagmorgen 08.00 Uhr gelten.

Auch die Grenze nach Dänemark soll um 8.00 Uhr geschlossen werden. Außerdem riegelt Schleswig-Holstein seine Nord- und Ostseeinseln für Touristen ab. Deutsche dürfen aber in jedem Fall aus den Nachbarländern einreisen. Pendler, die nach Deutschland wollen, müssen dem Vernehmen nach eine Bescheinigung ihres Arbeitgebers vorweisen können.

Der Warenverkehr zwischen Deutschland und den Nachbarstaaten soll nach dpa-Informationen gesichert bleiben. Allerdings soll die Maßnahme Hamsterkäufe von Ausländern in Deutschland unterbinden, die im grenznahen Raum bereits zu Versorgungsproblemen geführt haben, wie die „Bild-Zeitung“ ebenfalls berichtete.

Die Bundespolizei soll die Grenzkontrollen in Schutzkleidung vornehmen. „Noch sind wir mit Schutzkleidung gut ausgestattet“, sagte der stellvertretende Vorsitzende der Gewerkschaft der Polizei (GdP), Jörg Radek, der dpa. Was vielen Beamten aber nach der Schließung von Kitas und Schulen Sorge bereite, sei die Frage, wer ihre Kinder in den nächsten Tagen betreuen werde.

Normalerweise gibt es keine Grenzkontrollen im sogenannten Schengenraum, dem die meisten EU-Staaten angehören. Ausnahmen sind nur in besonderen Situationen möglich.

Noch am Samstag hatte Bundesinnenminister Horst Seehofer ein abgestimmtes Vorgehen bei Grenzkontrollen in Europa gefordert. „Der Schutz unserer Bevölkerung erfordert auch Maßnahmen, um das Infektionsrisiko in Folge des globalen Reiseverkehrs einzudämmen“, sagte der CSU-Politiker. Die Staaten Europas könnten hier nur erfolgreich sein, wenn sie in Abstimmung miteinander agierten. „Es hilft in unserem gemeinsamen Schengenraum niemandem, wenn die Menschen nach Paris fliegen, weil in München stärker kontrolliert wird“, betonte der Minister.

Der CDU-Innenpolitikers Armin Schuster warnte vor Grenzschließungen, weil „das binnen weniger Tage unsere Wirtschaft lahmlegen würde, und auch für die medizinische Versorgung hierzulande wäre das nicht gut“, wie er der Deutschen Presse-Agentur sagte.

Baden-Württembergs Innenminister Thomas Strobl (CDU) hatte dagegen am Sonntag nachdrücklich die Schließung der Grenze zu Frankreich gefordert. An erster Stelle stehe der Schutz der Bevölkerung vor einer Infektion, teilte Strobl mit. „Dazu ist entscheidend wichtig, auch die grenzüberschreitende Ausbreitung bestmöglich zu unterbinden - insbesondere aus Hochrisikogebieten im Ausland.“ Die Schließung der Grenze sei hart, aber notwendig. Die an Baden-Württemberg grenzende französische Region Grand Est (Elsass, Lothringen und Champagne-Ardenne) gilt als Risikogebiet.

US-Präsident Donald Trump hatte diese Woche in der EU Empörung mit einem Einreisestopp für Passagiere aus dem Schengenraum ausgelöst. Allerdings verfahren immer mehr Länder ähnlich, um die Ausbreitung von Covid-19 zu bremsen. Auch die Türkei verbot am Samstagmorgen die Einreise für Bürger aus Deutschland und acht weiteren europäischen Ländern auf unbestimmte Zeit. Flüge in die neun Länder werden bis zum 17. April ausgesetzt.

(dpa)
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