Weltall Asteroid kommt Erde nah: Steinschlag aus den Tiefen des Alls

Am Donnerstag erreicht der Asteroid TC 4 seine größte Nähe zur Erde. Eine Gefahr droht aber nicht. Doch es gibt noch andere „Geschosse“ auf potenziellem Kollisionskurs.

Düsseldorf. Für Donnerstag geben die Experten noch mal Entwarnung. Auch wenn der Asteroid, den sie 2012 entdeckten und unter dem Namen „TC 4“ registrierten, am frühen Morgen mit 43 780 Kilometern seine geringste Entfernung zur Erde erreichen wird, sagt Detlef Koschny von der Europäischen Weltraumorganisation Esa: „Keine Gefahr“. Kein Einschlag also. Und dieses „Keine Gefahr“ gelte ebenso für die geostationären Satelliten in knapp 36 000 Kilometern Höhe.

Doch man kann den Steinbrocken, der nach neuesten Berechnungen auf einen Durchmesser von zehn bis 15 Metern geschätzt wird und mit 7,3 Kilometer pro Sekunde durchs All saust, durchaus beobachten. „Nicht mit bloßem Auge“, sagt Koschny, aber selbst Amateurastronomen könnten ihn mit ihren Teleskopen verfolgen. Koschny ist bei der Esa Co-Manager des „Near Earth Object Segments“. Und befasst sich da mit Himmelskörpern, die der Erde nahe kommen und gefährlich werden könnten.

Dabei versuchen Koschny und seine Kollegen, derzeitige und zukünftige Positionen von erdnahen Objekten, den Near Earth Objects (Neo) festzustellen. Es werden Schätzungen zu Einschlagswahrscheinlichkeiten entwickelt und die möglichen Folgen bewertet. Und: Man macht sich Gedanken, wie größere Neos mit Bedrohungspotenzial für die Erde umgelenkt werden können.

Was würde ein Brocken wie TC 4, sollte er in die Erdatmosphäre eintreten, anrichten? Koschny sagt: „Das Objekt zerbräche nach Eintritt in die Erdatmosphäre in etwa 20 bis 40 Kilometern Höhe, eine Schockwelle könnte Fensterscheiben zerstören.“ Der Experte verweist dabei auf ein Ereignis vom 15. Februar 2013. Damals explodierte ein Objekt mit einem geschätzten Durchmesser von 17 bis 20 Metern hoch über der russischen Stadt Tscheljabinsk. Die aus der Explosion resultierende Schockwelle verursachte weitreichende Schäden. Der Tscheljabinsk-Asteroid war das größte natürliche Objekt, welches nachweislich seit dem Tunguska-Ereignis 1908 in die Erdatmosphäre eintrat. Damals zerstörte die Explosion eines Asteroiden ein abgelegenes Waldgebiet in Sibirien.

Die Gefahr ist also — wenn auch nicht heute durch den Asteroid TC 4 — durchaus real. Schließlich droht noch jede Menge anderer Steinschlag. Und da gibt es Objekte von wesentlich größerem Kaliber. Koschny: „Die Anzahl der momentan bekannten Objekte liegt bei 16 745. Es kommen pro Jahr 10 bis 15 bekannte Objekte näher, als es einer Mondentfernung entspricht, die können alle möglichen Größen haben.“ Zur Einordnung: Die Entfernung Erde-Mond liegt zwischen 360 000 und 400 000 Kilometer.

Gerade heute, wenn sich TC4 in seiner größten Nähe zur Erde befindet, fliegt auch ein 410 Meter großes Objekt an der Erde vorbei. „Allerdings in 20-facher Mondentfernung“, beruhigt Koschny. Und am 22. Oktober dann ein 830 Meter großes Objekt in weniger als sechsfacher Mondentfernung.

Die Erde wird ständig mit kleinen Teilchen des interplanetaren Bauschutts bombardiert (siehe Infokasten). Einer dieser Einschläge, so sagen es die Wissenschaftler, hat dabei die Geschicke der Erde besonders beeinflusst. Ein Asteroid mit einem Durchmesser von 10 bis 15 Kilometern soll vor 65 Millionen Jahren auf dem Gebiet des heutigen Mexiko niedergegangen sein. Der Einschlag veränderte das Erdklima radikal und führte so zum Aussterben der Dinosaurier.

Die Wahrscheinlichkeit, durch einen Asteroiden- oder Kometeneinschlag ums Leben zu kommen, sei äußerst gering, beruhigt die Esa. Dennoch könne der nächste Einschlag eines Objekts nie ausgeschlossen werden. Eine Beobachtung und Überwachung dessen, was da die Erde umkreist und die Analyse potenzieller Kollisionskandidaten sei daher ratsam. Eben dies macht die Esa.

Aber wie sollen Gegenmaßnahmen aussehen? Beobachten, einen eventuellen Einschlag voraussagen und gegebenenfalls Evakuierungsmaßnahmen einzuleiten, ist das eine. Doch was tun bei bedrohlich großen Objekten? In Filmen wie „Deep Impact“ oder „Armageddon“ bemühen sich die Protagonisten um die Rettung der Erde, indem sie Sprengsätze auf Asteroiden und Kometen platzieren.

Auch die Überlegungen der Fachleute gehen in eine solche Richtung. So wird daran gedacht, das anfliegende Objekt mit Hilfe von „Impactoren“, Einschlagkörpern mit hoher Geschwindigkeit, in kleinere Bruchstücke zu zerteilen. Das Problem: Niemand kann die Bahnen der sich dann bildenden Brocken vorhersehen. Und bei größeren Objekten bedürfte es schon gewaltiger Sprengkraft.

Detlef Koschny denkt an ein andere Methode — die gezielte Ablenkung der Flugbahn des Asteroiden: „Es gibt mehrere Konzepte, eines wird konkret studiert, der ,Kinetic Impactor’. Das soll funktionieren wie bei einem Auffahrunfall an der roten Ampel: Wir schießen einen möglichst schweren Satelliten möglichst schnell in einen Asteroiden hinein — dieser wird dadurch etwas weggeschoben. Wenn man das früh genug macht, dann fliegt er an der Erde vorbei.“

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