Arbeitsloser verprasst Erbe — und bekommt wieder Hartz IV

Jobcenter muss zahlen. Anspruch auf Existenzminium gilt auch nach verschwenderischem Verhalten.

Mönchengladbach. 6500 Euro sind viel Geld. Vor allem für einen Hartz-IV-Empfänger, der sonst auf jeden Cent achten muss. Ein alleinstehender Arbeitsloser aus Mönchengladbach erbte diesen Betrag — und gab das Geld innerhalb von zwei Monaten aus. Die Einkaufsliste des Mannes war lang: Kleidung, Möbel, Lebensmittel, ein Fernseher, ein Laptop und eine Digitalkamera. Dazu buchte der Mann auch noch eine Reise in die Türkei. Nach seinem Urlaub war kein Euro mehr übrig — er beantragte wieder Hartz IV. Darauf hat er auch Anspruch — das entschied jetzt das Bundessozialgericht (BSG) in Kassel.

Wenn ein Erbe seine Erbschaft verprasst, darf er dennoch Hilfe vom Staat erwarten. Das gilt auch, wenn Teile des Geldes in eine Türkei-Reise und in Elektroartikel geflossen sind. Nur grob sozialwidriges Verhalten schließe den Leistungsanspruch aus (Az: B 14 AS 76/12 R).

Der Gladbacher Hartz-IV-Empfänger hatte im Januar 2009 unverhofft insgesamt 6500 Euro geerbt. Das Jobcenter stellte seine Zahlungen daraufhin ein. Der Arbeitslose sei nicht mehr hilfebedürftig. Doch bereits im März 2009 stellte der Mann wieder einen neuen Antrag mit dem Argument, das Erbe sei weg. Das zuständige Jobcenter lehnte ab.

Vor dem BSG räumte der Anwalt des Arbeitslosen zwar ein, dieser habe sich „teilweise verschwenderisch“ verhalten. Dennoch sei er nach seiner Reise mittellos und daher auf Unterstützung angewiesen gewesen. Das Jobcenter dagegen meinte, das Erbe hätte zumindest sechs Monate zum Leben reichen können. Das sah der Arbeitslose anders und reichte Klage ein.

Das BSG widersprach dem Jobcenter nicht, der Gladbacher hätte durchaus mehrere Monate von dem Betrag leben können. Die Richter sprachen dem Mann aber trotzdem einen Anspruch auf Hartz IV zu.

Der Mann sei mittellos gewesen, der Grund dafür sei zweitrangig. Deshalb sei das Jobcenter verpflichtet gewesen, sein Existenzminimum zu sichern. Ein „sozialwidriges Verhalten“, das Leistungen ausschließen würde, sahen die Kasseler Richter hier noch nicht.

Damit bekommt der Arbeitslose jetzt wieder rund 380 Euro monatlich vom Jobcenter auf sein Konto überwiesen.

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