Angehörige des „Ehrenmord“-Opfers schweigen vor Gericht

Hagen (dpa) - Mit Schweigen haben die vier Angeklagten auf den Vorwurf eines sogenannten Ehrenmordes beim Prozessauftakt am Freitag reagiert. Mehr als viereinhalb Jahre nach der Tötung einer 20-jährigen Libanesin stehen deren Mutter, ein Bruder und zwei Onkel vor dem Hagener Landgericht.

Die Staatsanwaltschaft will beweisen, dass der Familienrat des kurdischen Clans die Ermordung beschlossen hatte. Die Angehörigen hätten sich am „westlichen Lebenswandel“ der jungen Frau gestört und mit der Tat im August 2008 die zerstörte Familienehre wieder herstellen wollen.

Die Leiche der jungen Libanesin wurde am 31. August 2008 auf dem Parkplatz „Sterbecker Siepen“ an der Autobahn 45 gefunden. Laut Staatsanwaltschaft hatte einer der angeklagten Onkel am Vortag mögliche Tatorte ausgekundschaftet und sich auf den Parkplatz festgelegt. An der Bluttat selbst waren der Anklage zufolge der zweite Onkel, der Bruder und ein Cousin der 20-Jährigen beteiligt. Der Cousin ist in einem getrennten Verfahren schon wegen Mordes zu 14 Jahren Haft verurteilt worden.

In diesem ersten Prozess hatte die Mutter der Getöteten als Zeugin beteuert, sie habe zuletzt keinen Anstoß mehr am westlich orientierten Lebenswandel ihrer Tochter genommen. Die Staatsanwaltschaft ist jedoch davon überzeugt, dass die 48-Jährige von Anfang an in den Mordplan eingeweiht gewesen ist. Ohne ihre Mithilfe, so die Anklage, wäre die Tat nicht möglich gewesen.

Am Tag vor der Ermordung hatte die Mutter ihre zuvor ins Frauenhaus nach Iserlohn geflüchtete Tochter angerufen und sie inständig gebeten, nach Hause zu kommen. Nachdem die 20-Jährige eingewilligt hatte, soll die Mutter die übrigen Verwandten informiert haben: Ihre Tochter könne am Abend wie geplant überwältigt und verschleppt werden.

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