Alfred Biolek: Fürs Fernsehen hat er keine Zeit

Gespräch: Alfred Biolek wird 75 Jahre alt und findet im Rückblick: „Vieles hat sich gut entwickelt, nur nicht das Fernsehen.“

Köln. Was macht eigentlich Alfred Biolek? Das Gleiche wie früher: Kochen und talken. Nur sind keine Kameras mehr dabei. "Tagsüber bin ich sehr viel allein. Aber abends, da will ich nicht allein sein, da treffe ich mich mit Freunden, lade sie ein, koche für sie", erzählt er. Morgen wird er 75 Jahre alt.

Die Goldene Kamera, die in einem Vitrinenschrank in seinem Kölner Büro steht, hat schon etwas Rost angesetzt. Er selbst ist noch fit, und das ganz ohne Sport. "Ich habe Sport schon als Schüler gehasst, ich bin dafür einfach nicht begabt." Immerhin steht er viel in der Küche. Da bewegt man sich ja auch, läuft herum, stemmt Töpfe. Außerdem trinkt er jeden Tag Rotwein. Das ist auch gut für die Gesundheit, sagt er.

Fernsehen guckt er praktisch gar nicht mehr. Denn nachmittags kommt nichts, was ihn interessiert, und abends hat er keine Zeit. Wenn er nicht gerade Gäste hat, sitzt er mit Freunden in der Oper, im Theater, im Kino, im Kabarett, und zwar meistens in Berlin.

"Ich finde Berlin im Augenblick so spannend wie New York vor 25 Jahren. Weil das Leben dort so preiswert ist, zieht Berlin viele experimentelle Leute an. Sehr viele Menschen, die ich kenne, nehmen sich deshalb in Berlin eine Wohnung oder ziehen ganz dorthin. Die treffe ich dort alle wieder - praktisch!"

Auf seinen abendlichen Streifzügen stößt er immer mal wieder auf ein Talent, von dem er denkt: "Den oder die hätte ich früher sofort in meine Sendung geholt!" Aber es schmerzt ihn nicht, dass er nun im Ruhestand ist. "Es gibt da ein Gedicht von Hermann Hesse." Schon ist er verschwunden und kommt kurz darauf mit einem Buch zurück: "Und jedem Anfang wohnt ein Zauber inne, der uns beschützt und der uns hilft zu leben", liest er vor. "Nimm Abschied und gesunde!" Das ist sein Lebensmotto.

Biolek wirkt zufrieden - zufrieden mit seiner Karriere, aber auch damit, dass die Deutschen ein bisschen so geworden sind wie er. "Vieles hat sich in den vergangenen 20, 30 Jahren in Deutschland sehr positiv entwickelt, gerade in die Richtung, die ich mir gewünscht habe. Das Kochen ist ein Beispiel. Heute können Sie doch in jeder Stadt gut essen gehen, das war früher völlig anders. Oder, anderes Beispiel: Behinderte. Wie wurden die vor 20 Jahren behandelt? Ach, die Armen - die bemitleidete man."

Er ist stolz darauf, dass er bei "Mensch Meier" immer wieder Behinderte als Kandidaten vor die Kamera geholt hat. "Und heute, ich war ja bis vor kurzem auch Schirmherr bei den Glasknochen-Kranken, da sieht man sie so fröhlich. Die sind ganz anders integriert, das macht schon sehr zufrieden. Vieles hat sich gut entwickelt, nur nicht unbedingt das Fernsehen."

Da fehlen ihm die Originale, Männer wie Rudi Carrell, sein großer Förderer. Als dieser kurz vor seinem Krebstod die Goldene Kamera bekam, bat er Biolek, die Laudatio zu halten.

"Heute sehen sie alle gut aus, sind sehr professionell, aber es fehlt die Individualität. Der einzige, der sich heute was traut und immer mal was Neues ausprobiert, ist Stefan Raab. Als Profi weiß ich das zu schätzen, auch wenn ich kein Fan von ihm bin."

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