Adolf Burger: Oscar für Geldfälscher der Nazis

Auszeichnung: Adolf Burgers Lebensgeschichte ist die Grundlage für den preisgekrönten Film „Die Fälscher“. BILDER der PREISTRÄGER

Los Angeles/Prag. Schüler und historisch Interessierte in Solingen, Erkrath und am Niederrhein kennen Adolf Burger und seine Lebensgeschichte längst. Seit Sonntag kennt ihn auch Hollywood: Denn der Film "Die Fälscher", der auf seinen Erlebnissen unter der Nazi-Diktatur beruht, hat den Oscar für den besten ausländischen Film gewonnen.

Es ist für jeden ein erhebendes Gefühl, über den roten Teppich in Los Angeles zu gehen. Wie viel mehr muss es für einen 90-Jährigen bedeuten, der seit mehr als 60 Jahren tot sein müsste? Der Buchdrucker Adolf Burger wurde 1942 in Bratislava von der Gestapo verhaftet, weil er falsche Taufscheine anfertigte, um anderen Juden das Leben zu retten. Der Häftling mit der eintätowierten Nummer 64401 ist in Auschwitz fast verhungert, wurde in Birkenau mit Typhus infiziert, ließ sich von einem Mitgefangenen einen erfrorenen Zeh amputieren. Er bekam von einem SS-Bewacher die Vorderzähne ausgeschlagen, weil dieser es anmaßend fand, dass ein Jude den Vornamen Adolf trägt.

Von 1944 bis Kriegsende musste Burger im Lager Sachsenhausen mit 139anderen Häftlingen in der Fälscherwerkstatt der Nazis arbeiten. Sie haben Scheine im Wert von 132 Millionen Pfund gedruckt - und mit dieser größten Geldfälschung der Geschichte die britische Währung ins Schlingern gebracht. "Wir waren Tote auf Urlaub", sagt er, denn alle waren davon überzeugt, dass keiner die geheime Kommandosache lebend überstehen würde.

Seine Erlebnisse hat Adolf Burger 1951 erstmals als Buch veröffentlicht, und er hat sie in den vergangenen drei Jahrzehnten immer wieder erzählt: so beklemmend unsentimental, als wäre sie jemand anderem widerfahren. Er hat mittlerweile vor 80000 deutschen Schülern gesprochen, er reist zu Vorträgen vor Bundeswehr-Soldaten und in Volkshochschulen.

Die Fälscherwerkstatt der Nazis ist sein Lebensthema geworden. Nicht, um sich in den Vordergrund zu drängen oder um aus der Vermarktung Gewinn zu schlagen. Er will, dass man die Banalität des Bösen begreift, dass die Nazis "nicht nur Mörder, sondern auch ganz gewöhnliche Betrüger waren". Diese Mission verfolgt er unbeirrbar. Das erfuhr auch ZDF-Talker Johannes B. Kerner, der den zierlichen Mann mit dem vollen grauen Haar in den üblichen zehn Plauder-Minuten abfertigen wollte. "Dann komme ich nicht", ließ Burger wie stets höflich, aber deutlich ausrichten. Kerner gab nach, Burger erzählte eine halbe Stunde.

Geld bedeutet für den Tschechen wenig, nachdem er so viel davon drucken musste. Deshalb gehen die Honorare aus seinen Vorträgen an das Internationale Sachsenhausen-Komitee. Für die millionenteure Verfilmung seiner Geschichte bekam der wohl letzte Überlebende der Fälscher-Häftlinge lediglich ein Beraterhonorar von 6000Euro. Dafür ließ er nicht nur vier Mal das Drehbuch umschreiben ("nur um den größten Unsinn herauszuholen"), sondern trommelte auch mit ganzer Kraft für den Film. Nach dem Interview-Marathon während der Berlinale 2007 schickte die Produktionsfirma den 90-Jährigen in PR-Mission nach Paris, Edinburgh und Tokio. Zwischendurch gaben sich in seinem Häuschen in einem Prager Vorort Journalisten die Klinke in die Hand.

Person Adolf Burger wurde am 12. August 1917 in Velká Lomnika in der Hohen Tatra geboren. Seine erste Frau Gisela wurde im KZ Auschwitz umgebracht. Nach dem Krieg heiratete der Buchdrucker und Journalist zum zweiten Mal und wurde Vater von vier Kindern. Heute ist er Witwer.

Buch Adolf Burger "Des Teufels Werkstatt. Die Geldfälscherwerkstatt im KZ Sachsenhausen." Verlag Sandmann, München 2007, 280 S., 22,95 Euro.

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