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Scharfe Kritik Zwischen Hygienestreit und Schulboykott: Zweifel am Schulstart in NRW

Düsseldorf · Es gibt keine Blaupause für die Rückkehr zur Normalität mitten in der Corona-Pandemie. Das gilt in besonderem Maße auch für die Schulen mit Hunderttausenden betroffenen Schülern, Eltern und Lehrern in NRW. Kurz vor der Öffnung befürchten viele Chaos und Gesundheitsrisiken.

 Symbolbild

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Foto: dpa/Fabian Strauch

Die nordrhein-westfälischen Schulen sind aus Sicht der SPD-Opposition und der Bildungsgewerkschaften für die Rückkehr der ersten Schüler an diesem Donnerstag nicht gerüstet. Klare Vorgaben der Landesregierung fehlten nach wie vor an vielen wesentlichen Stellen, kritisierte SPD-Fraktionsvize Jochen Ott am Dienstag in Düsseldorf. „Die Umsetzung ist chaotisch.“ Auch die Grünen fordern Nachbesserungen.

Wegen zu später und teils widersprüchlicher Kommunikation des Schulministeriums hätten die Schüler immer noch keine Klarheit, wer nun am Donnerstag in die Schulen kommen müsse und wer - wegen der eingeschränkten Kapazitäten in der Corona-Krise - überhaupt kommen könne, bemängelte Ott. Die Schulen wiederum wüssten nicht, wie viele Lehrer erscheinen werden oder wegen Vorerkrankungen nicht für den Unterricht infrage kämen. „Man hatte ein PR-Ziel: Das war der Exit“, warf Ott der CDU/FDP-Koalition vor. „Seitdem versucht man ständig nachzubessern.“

Die Landesregierung will ab diesem Donnerstag wieder Prüflinge an den Schulen zulassen - für die knapp 90 000 angehenden Abiturienten auf freiwilliger Basis. Für Schüler, die vor anderen Abschlussprüfungen stehen, gilt dagegen wieder die Schulpflicht.

Die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) geht von einem „verfrühten Schulstart“ aus. Ihre Landesvorsitzende Maike Finnern monierte in einer Mitteilung: „Weder die personellen noch die gesundheitlich erforderlichen Voraussetzungen sind gegeben.“

Unterdessen sicherte Schulministerin Yvonne Gebauer (FDP) den Schulen Unterstützung bei der Versorgung mit Hygiene-Material und Schutzausrüstung zu. „Die Schulträger können über eine Vermittlung der Bezirksregierung Münster bei Lieferanten eine Million Schutzmasken und mindestens 20 000 Liter Desinfektionsmittel kostenpflichtig bestellen“, teilte das Ministerium mit. Das Angebot gelte für Schulen mit Engpässen. Sie könnten so auch mobile Hygienestationen mit Handwaschmöglichkeiten beziehen.

„Das Land gibt damit eine Garantie, dass die Schulen und Schulträger, bei denen entsprechende Materialien wie Desinfektionsmittel und einfache Schutzmasken noch nicht in ausreichendem Maße für die nächsten Tage vorhanden sind, diese versorgt werden können“, betonte Gebauer. An diesem Mittwoch muss sie im Schulausschuss des Düsseldorfer Landtags Rede und Antwort stehen, wie es mit dem Schulbetrieb weitergehen soll.

Die Ministerin müsse dort auch ein klares Konzept vorlegen, was nach dem 4. Mai geschehen solle, forderte Ott. Bund und Länder hatten sich darauf geeinigt, ab diesem Datum grundsätzlich schrittweise und stark eingeschränkt zum Unterricht zurückzukehren - mit Spielraum für die einzelnen Bundesländer.

Nach Angaben des Schulministeriums gilt ab Donnerstag für maximal zehn Prozent der rund 2,5 Millionen Schüler in NRW wieder verpflichtender Unterricht. Für sie seien genügend Räume vorhanden, um unter Einhaltung des Infektionsschutzes in geteilten Gruppen zu starten.

Die SPD monierte dagegen, neben der Vorgabe, 1,5 Meter Abstand zwischen einzelnen Personen zu halten, fehle jede Vorgabe über eine maximale Gruppengröße im Raum. Auch die Beförderung von zigtausend Schülern unter Corona-Hygiene-Standards sei völlig ungeklärt. Der Verband Bildung und Erziehung mahnte ebenfalls: „Schülerschaft und Lehrpersonal sind keine Versuchskaninchen.“

SPD und Grüne bezweifeln, wie das Schulsystem über 200 000 Prüflinge allein aus den Berufskollegs verkraften soll. Da viele nur zwei Tage pro Woche an der Berufsschule seien, werde es nicht so viele Rückkehrer geben, hält das Schulministerium dagegen. Zudem werde der Zugang an die Kapazitäten angepasst: Vorrang haben Berufsschüler, die noch Vorabiturklausuren schreiben müssen, danach Fachklassen vor anderen Abschlussprüfungen. Falls die Kapazitäten und Schutzvorrichtungen nicht für alle Prüflinge ausreichen sollten, werden demnach nicht alle schon am Donnerstag zurückkehren können.

Wichtige Information für Risiko-Gruppen: Bei Schülern mit Vorerkrankungen, für die das Coronavirus lebensgefährlich werden könnte, entscheiden die Eltern über den Schulbesuch und informieren die Schulen schriftlich. „In der Folge entfällt die Pflicht zur Teilnahme am Präsenzunterricht“, erklärte das Ministerium. Diese Schüler sollten spezielle Lern- und Prüfungsangebote erhalten.

Der Landesschülervertretung und dem Aktionsbündnis „Schulboykott NRW“ reicht das nicht. Die Boykott-Aktivisten fordern für 2020 ein Abi nach Durchschnittsnoten ohne Abschlussprüfungen; die Schülervertretung ist für eine Wahlmöglichkeit. Ein offener Protestbrief erreichte nach Angaben der Aktivisten 6000 Unterstützer. Eine von der Polizei genehmigte „Stellvertreterdemonstration“ von 15 Schülern mit Mundschutz vor der Düsseldorfer Staatskanzlei habe in dieser Woche 1300 weitere virtuelle Teilnehmer im Netz gehabt.

Der Landeschef der Grünen, Felix Banaszak sagte der Deutschen Presse-Agentur: „Wir Grüne sind nicht Teil der Bewegung zum Schulboykott und rufen auch nicht zum Boykott von Unterricht auf. Die Schülerinnen und Schüler haben getan, was sie tun konnten, um dieses Chaos zu stoppen.“ Jetzt sei es aber Aufgabe der Politik, die richtigen Schlüsse zu ziehen. Im Internet hat die Partei unter dem Mott „Abschlusschaos in NRW“ eine Plattform geschaltet für persönliche Erfahrungsberichte von Schülern und Lehrern.

Grünen-Fraktionschefin Monika Düker legte einen Antrag an den Landtag vor. Die Grünen fordern unter anderem eine „Taskforce Pandemie“, um in Kooperation mit Unternehmern und Verbänden die Produktion von Schutzmaterial zu steigern.

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