Freizeit Wuppertaler Bibliotheken in Corona-Zeiten: Neue Regeln, mehr Andrang

Wuppertal · Während der Pandemie verdreifachte sich die Zahl der Online-Nutzer. Seit einer Woche dürfen Besucher wieder vor Ort stöbern - aber nur 30 Minuten lang.

 Hakan Doruk, zuständig für die Sicherheit, und Cordula Gladrow, Leiterin der Stadtbibliothek, im Gespräch mit einer Nutzerin.

Hakan Doruk, zuständig für die Sicherheit, und Cordula Gladrow, Leiterin der Stadtbibliothek, im Gespräch mit einer Nutzerin.

Foto: Fries, Stefan (fri)

Die neue Eingangssituation der Zentralbibliothek erinnert ein wenig an den Sicherheitscheck im Flughafen. Erst geht es durch den Scanner, der bei Diebstählen Alarm schlägt, danach nimmt die einzeln eintretenden Besucher ein Sicherheitsmitarbeiter in Empfang. Der tastet allerdings niemanden ab, sondern bittet um Handdesinfektion und händigt Formulare zur Datenerfassung aus. Anschließend haben die Besucher maximal 30 Minuten Zeit, um nach Büchern, DVDs und Spielen zu stöbern. Ein Körbchen pro Person ist Pflicht, so werden die Kunden gezählt. Mehr als 60 dürfen nicht ins Haus.

Die Zentralbibliothek hat, genau wie die anderen neun Standorte im Stadtgebiet, seit dem 6. Juli wieder für Besucher geöffnet. Das wurde auch Zeit, findet Leiterin Cordula Gladrow. Sie sagt: „Der Ruf nach der Wiederöffnung wurde mit der Zeit immer lauter.“ Und der Ansturm in der ersten Woche sprach für sich. Von Corona-Flaute ist in der Welt der Romane und Sachbücher nichts zu merken. In der ersten Woche nach der Wiedereröffnung kamen 4454 Wuppertaler - fast 50 Prozent mehr als die üblichen 3000 pro Woche. Vor der Tür bildeten sich teilweise Schlangen. Gladrow sagt: „Die Leute können ohne Geschichten nicht leben.“

Die allermeisten Menschen würden sich an die neuen Spielregeln halten, sagt Sicherheitsmitarbeiter Hakan Doruk. „Es kommt aber auch schon mal vor, dass Leute sich weigern, die Hände zu desinfizieren oder ihre Daten nicht angeben wollen“, sagt Doruk, der in diesen Fällen den Zugang verweigern muss. Eine zweite Kollegin sieht in den Räumen nach dem Rechten, in denen die Besucher stets eine Maske zu tragen haben.

Kunde sagt: „Schade, dass man
nirgendwo mehr sitzen kann“

Die Gäste sind in die Bibliothek zurückgekehrt - die Gemütlichkeit noch nicht. Überall dort, wo die Kunden einst in der Ecke zum Zeitungslesen Platz genommen haben oder am Rechner recherchieren konnten, erinnert jetzt Absperrband, dass die Normalität noch immer nicht zurückgekehrt ist. „Ich hoffe, dass wir diese Bereiche in einem nächsten Schritt wieder öffnen können“, sagt Cordula Gladrow. Ihre Kollegen und sie müssten ständig die Frage beantworten, wann die Lese-Ecken und Computerplätze endlich wieder freigegeben werden. Auch Kunde Andreas Rohleder stellt fest: „Schade, dass man nirgendwo mehr sitzen kann. Aber wir können wohl froh sein, dass der Betrieb überhaupt wieder klappt.“

Auch die Veranstaltungen fehlten, so Gladrow. Die Liste der Programmpunkte, die von der Corona-Pandemie geschluckt wurden, ist lang: von Klassenführungen, über Lesungen bis hin zum Flohmarkt der Bibliothek. Nach den Sommerferien soll zumindest der Kontakt zu Schulen und Kitas wieder aufgenommen werden, um über neue Formate nachzudenken.

Die Zwangspause hat auch der Stadtbibliothek einen gewaltigen Schub in Richtung Digitalisierung gegeben. Von März bis Mai bot die Einrichtung den Wuppertalern ein kostenloses Online-Abo an, was zu 1100 neuen Nutzern und damit einer Verdreifachung der Digital-Kunden führte. Gleichzeitig erweiterte die Einrichtung ihr Angebot von 66 000 E-Medien weiter. Zu den E-Books, dem Film-Streaming und den Online-Sprachkursen kamen neue Plattformen für Musik, digitale Bilderbücher und Homeschooling.

Dass die Wuppertaler Zentralbibliothek bereits digital so stark aufgestellt war, hatte sich in der Corona-Krise ausgezahlt, als zwischen März und Mai alle Standorte mit einem Mal schließen mussten. Ab Mai gab es wieder erste kontaktlose Ausleihen der 250 000 physischen Medien über die „Bibliothek to go“. Auf Vorbestellung packten die Mitarbeiter den Kunden täglich 100 bis 120 Papiertüten mit Büchern und Co. Doch jetzt ist Gladrow froh, dass die Büchereien langsam wieder den Weg zurück zum Kerngeschäft gehen. Das sei nämlich eben nicht das reine zur Verfügung stellen von Medien: „Das Herz unserer Einrichtung besteht darin, vor Ort zusammen zu kommen.“ Daher freue sie sich schon auf die Zeit, wenn die Menschen auch wieder in ihrem Hause verweilen dürfen.

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