Gastronomie „Es gibt schlimmere Wege durch die Krise zu kommen, als einen Laden aufzumachen“

Im April, also mitten in der Corona-Krise, fassten Michel Baumeister und Markus Temme den Plan, ein Bistro auf der Insel Wangerooge zu eröffnen.

 Martina Belker, Markus Temme und Michel Baumeister (v.l.) wollen an der Nordsee belegte Baguettes verkaufen.

Martina Belker, Markus Temme und Michel Baumeister (v.l.) wollen an der Nordsee belegte Baguettes verkaufen.

Foto: Baumeister/baumeister

Im April, also mitten in der Corona-Krise, fassten Michel Baumeister und Markus Temme den Plan, ein Bistro auf der Insel Wangerooge zu eröffnen. Die beiden machen damit das zusammen, was sie am besten können. Michel Baumeister kommt aus dem Bereich Tourismus, sein Unternehmen, die Wohnen- und Ferienvermittlungs GmbH betreut auf den Inseln Borkum, Juist, Wangerooge und Rügen etwa 700 Ferienwohnungen. Markus Temme ist gelernter Patissier und betreibt die Cateringfirma „Die kleine Patisserie“. Anfang des Jahres hatte er die Baguetterie am Haspel an eine Nachfolgerin abgegeben.

Zu wenig Angebot an
gesundem Essen

„Immer wenn wir in der Baguetterie waren, habe ich gedacht, so etwas fehlt an der Nordsee“, sagt Michel Baumeister, der die Ferienvermietungsagentur in zweiter Generation führt. Auf den Inseln gebe es häufig „eher nicht so gesundes“ Essen wie Scholle Finkenwerder Art oder Schnitzel. „Unsere Gäste haben uns öfter schon gefragt, ob es nicht auch etwas Gesundes gibt“, sagt er. Wenn man zwei Wochen vor Ort Urlaub mache, wünsche man sich Abwechslung.

Die soll das Bistro mit den Namen „Watt’n Bistro“ ab Ostern kommenden Jahres zunächst nach Wangerooge bringen. Auf der Speisekarte sollen wie in der Baguetterie am Haspel neben frischem Baguette auch ausgefallene Salate, Bratlinge und vegane Küchlein stehen. „Das ist eine zeitgemäße Ernährung mit wenig Fleisch“, sagt der Koch und Bäckermeister Markus Temme. Als Caterer hat er neben der Baguetterie Firmenevents mit 700 Gästen in der Wüste, auf Sizilien oder Kroatien organisiert. Die servierten Speisen waren ausschließlich vegan.

Auf das Geschäft wollte sich Markus Temme eigentlich konzentrieren, nachdem er Anfang des Jahres die Baguetterie am Haspel verkauft hatte. „Wir haben 70 bis 80 Stunden pro Woche gearbeitet und wollten künftig nur noch das Catering für große Events anbieten“, sagt er. Doch dann kam Corona. „Die nächsten ein bis zwei Jahre werden für Caterer eine Saure-Gurken-Zeit werden“, sagt Temme. Deshalb sei jetzt die Zeit, andere Projekte zu realisieren. Er und seine Lebenspartnerin Martina Belker hatten schon lange den Wunsch, in Friesland zu leben. Mit dem Bistro in Wangerooge können sie ihn jetzt leben.

Das Bistro wird auf der autofreien Insel Wangerooge an der Haupteinkaufsstraße zu finden sein. „Die Idee ist, dass sich die Kunden bei uns für den Strand mit Essen eindecken“, sagt Temme. An dem Laden komme jeder einmal vorbei, wenn er auf der Insel ist. Mit Blick auf die Corona-Pandemie ist das Bistro als To-go-Geschäft geplant. „Wir haben einen Ein- und einen Ausgang, so dass sich die Kunden nicht entgegenlaufen müssen“, sagt Temme. Bei der Verpackung setzen die Unternehmer auf nachhaltige Materialien.

Die beiden Geschäftsführer haben keinen Zweifel daran, dass das Bistro laufen wird. „Der Tourismus hat in diesem Jahr ordentlich Federn gelassen, aber Urlaub in Deutschland ist wieder en vogue“, sagt Baumeister, der die insgesamt 100 Mitarbeiter seines Unternehmens auch in der Krise halten konnte. Viele Kunden, die im Sommer zum ersten Mal an der Nordsee waren, hätten gleich für das nächste Jahr gebucht. „Wir werden als Gewinner aus der Krise herausgehen“, ist sich Baumeister sicher. Die beiden Unternehmer planen bereits, auch auf anderen Inseln ein Bistro zu eröffnen.

Das Konzept „Take away“ funktioniert auch in der Krise

Dass es auf den ersten Blick verrückt erscheint, jetzt in der Gastronomie neu zu gründen, ist nach Angaben von Baumeister nicht von der Hand zu weisen. „Wir sind aber Optimisten“, sagt er. Außerdem funktioniere das Konzept eines Take-Aways auch in Corona-Zeiten. Markus Temme findet, dass sie Glück gehabt haben. „Es gibt bestimmt schlimmere Wege, durch die Krise zu kommen, als einen neuen Laden aufzumachen“, sagt er.

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