Bildung Zurück zum normalen Unterricht – Wuppertaler Schulleiter haben viele Fragen

Wuppertal · Weil es nach den Sommerferien bei allen Schulformen wieder reguläre Stundenpläne geben soll, machen sich Bedenken breit. Gerade nach der infektionsbedingten Schließung an der Peterstraße in Wuppertal.

 Ob und wie der Schulunterricht wieder volle Fahrt aufnehmen kann, ist aktuell sehr umstritten.

Ob und wie der Schulunterricht wieder volle Fahrt aufnehmen kann, ist aktuell sehr umstritten.

Foto: Julian Stratenschulte

Einen Tag nachdem die Grundschule Peterstraße nach einer Corona-Infektion geschlossen wurde, bekräftigte Schulministerin Yvonne Gebauer am Mittwoch im Schulausschuss des NRW-Landtags, dass sie nach den Sommerferien die Rückkehr zum Regelunterricht an allen Schulen wünscht.

Bei den Wuppertaler Einrichtungen wirft der Gedanke an eine Rückkehr zum „normalen“ Stundenplan viele Fragen auf. Rolf Puller, Schulleiter der Hermann-von-Helmholtz-Realschule, zeigt sich kritisch: „Die aktuellen Nachrichten zum Auftreten von Corona-Fällen an Schulen in Wuppertal, Düsseldorf, Ahlen und Magdeburg erfüllen mich mit großer Sorge.“ Derzeit machten sich die Schulen mit einem Höchstmaß an Verantwortung daran, Hygienestandards umzusetzen. „Wenn alle diese ,Sicherheitsvorkehrungen’ entfallen, ist zu befürchten, dass Kinder und Jugendliche, sich nicht mehr den Gegebenheiten der Pandemie entsprechend verhalten.“

Benedikt Stratmann, Schulleiter der St.-Anna-Schule in der Elberfelder Nordstadt, sieht das größte Problem in der Kommunikation: „Man hat im Moment das Gefühl, dass das Ministerium nicht mehr mit uns spricht.“ Die Schulen bräuchten endlich klare Vorgaben. Bei einem Vollstart direkt nach den Sommerferien müssten bereits jetzt zeitaufwändige Arbeiten wie zum Beispiel die Erstellung der Stundenpläne erfolgen.

Im Prinzip will Stratmann allerdings schnellstmöglich zurück zum normalen Unterricht. Der Grund sei die Mehrbelastung im Kollegium: „Wir kommen langsam ans Limit.“ Er gibt zu bedenken, dass die aktuelle Kombination aus Präsenzunterricht und Online-Angeboten eine Mehrbelastung für die Lehrer ist. Auch Ruth Stäudtner, Schulleiterin der Max-Planck-Realschule, sagt: „Wir warten auf die Vorgaben des Landes.“ Sie persönlich wünsche sich die Rückkehr zum normalen Unterricht. Dieses klar definierte Ziel hat auch Reinold Mertens, Schulleiter des Carl-Fuhlrott-Gymnasiums. Seine Schule plane mit mehreren Szenarien für den Neueinstieg nach den Sommerferien.

Die Planung ist komplex: Denn, dass die Schüler in der Unter- und Mittelstufe in ihre Klassenverbände zurück sollen, scheint gesetzt - aber was ist mit der Oberstufe? Mertens gibt zu bedenken: „Das Kurssystem in der Oberstufe und die Differenzierung in der Sekundarstufe I bringen eine Durchmischung mit sich.“ Einerseits sei der normale Schulbetrieb ohne dieses System nicht wie bisher möglich, andererseits habe auch Mertens schon mit seinen Kollegen darüber gesprochen, dass die Folgen einer Infektion - wie an der Peterstraße geschehen - am CFG massiv wären. Das Schulzentrum-Süd, das ebenfalls die Bayer-Realschule beherbergt, besuchen 2500 Schüler, die sich vor Corona in der Mensa, auf den Gängen und auf dem Schulhof begegneten.

Auch einige Lehrer machen sich angesichts solcher Menschenmassen Gedanken, wie Tino Orlishausen von der Lehrergewerkschaft GEW in Wuppertal berichtet. „Das ist wie überall. Manche Kollegen freuen sich, andere machen sich große Sorgen“, sagt Orlishausen.

Bergische IHK begrüßt die
Rückkehr zum Normal-Unterricht

Noch immer gibt es an den Schulen Lehrer, die zur Covid-19-Risiko-Gruppe gehören, und seit dem Beginn des Lockdowns im März von zu Hause gearbeitet haben. An der St.-Anna-Schule beispielsweise berichtet Schulleiter Benedikt Stratmann von rund fünf Prozent Kollegen, die nicht wieder am Präsenzunterricht teilnehmen werden. Eigentlich müsse es dafür einen Ersatz geben - oder aber einheitliche Standards für das E-Learning, findet Stratmann. Er könnte sich nämlich auch weiterhin digitalen Unterricht als festen Bestandteil im Schulleben vorstellen. Dafür müssten aber beispielsweise digital vermittelte Inhalte auch prüfungsrelevant sein dürfen. Bislang sollte der in der Corona-Pause übermittelte Stoff laut Vorgaben des Landes „in der Regel keiner Leistungskontrolle unterliegen“.

Während die Schulen noch mit gemischten Gefühlen auf das kommende Schuljahr blicken, freut sich die Bergische IHK über die Bekenntnis der Ministerin zum Regelunterricht. Hauptgeschäftsführer Michael Wenge sagt: „Ich begrüße das. Wir dürfen uns auch von kleinen Rückschlägen nicht von diesem Weg abbringen lassen.“ Wenge hatte vor wenigen Tagen eine schnellstmögliche Rückkehr zum Präsenzunterricht gefordert - zur Not auch durch Schule am Samstag. Er sagt: „Seit März sind die Schüler an den weiterführenden Schulen maximal einen Tag in der Woche zur Schule gegangen.“ Der digitale Unterricht sei bemüht, aber „ausbaufähig“ gewesen. Vor diesem Hintergrund sorge sich die IHK um die Fachkräfte von morgen. »S. 15

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