Elberfeld Zu Besuch bei den Schlaraffen

Im „Wagner am Mäuerchen“ traf sich eine besondere Vereinigung von Männern.

Elberfeld: Zu Besuch bei den Schlaraffen
Foto: Stefan Fries

Zentrum. Dienstagabend in der Elberfelder Innenstadt: Das Restaurant „Wagner am Mäuerchen“ erwacht zu einer Rittertafel. Zwölf edle Männer treffen ein, begrüßen sich mit dem Wort „Lulu“. Sie legen nicht nur ihre Jacken ab, sondern auch ihre „profane Identität“. Für die nächsten Stunden sind sie keine Handelsvertreter, Geschäftsführer oder Akademiker mehr. Sie sind Ritter der Schlaraffia, laben Quell und Lethe, stoßen an und rufen „Ehe“, atzen Federvieh mit den Händen. Mit einem Minneholz wird für Stimmung gesorgt.

Die Schlaraffia, das ist eine am 10. Oktober 1859 in Prag gegründete, weltweite deutschsprachige Männer-Vereinigung zur Pflege von Freundschaft, Kunst und Humor. Ins Leben gerufen wurde der Bund von Künstlern und Schauspielern, die mit ihrer Kunst die damalige Überheblichkeit des Adels und der Ämter aufs Korn nahmen und verspotteten.

Ritter Torbellino, bürgerlich Günter Hammer

Auch heute noch geht es den Schlaraffen um die Persiflage der alltäglichen „Wichtigkeiten“. Ritter Torbellino, der mit bürgerlichem Namen Günter Hammer (82) heißt, erklärt: „Kunst, Freundschaft und Humor sind die tragenden Säulen unserer Vereinigung. Wir ist eine geistige Gemeinschaft mit dem Bestreben das ritterliche Spiel zu pflegen und legen Wert auf eine treue Gemeinschaft mit dem Hauptgrundsatz der Hochhaltung der Freundschaft“.

Deutschland, Österreich, Schweiz, Nord- und Südamerika, Südafrika, Thailand und Australien: Weltweit gibt es 260 „Reyche“ mit über 11 000 Mitgliedern. So werden die Vereine in der Sprache der Schlaraffen genannt. In Wuppertal wurde die Schlaraffia Elberfeldensis 1881 als 34. Reych gegründet und hat mittlerweile rund 60 Mitglieder. Auch in Remscheid gibt es einen Ableger des Vereins - die Schlaraffia Gloriamontana mit 43 Rittern.

Da kein Spiel ohne Regeln gespielt werden kann, kann auch das ritterlicher Spiel der Schlaraffen nicht ohne gespielt werden. Die wichtigsten sind: Frauen dürfen nicht mitmachen. Duelle werden nicht mit dem Schwert ausgetragen, sondern literarisch oder musikalisch. Dabei muss Achtung und Respekt vor dem Mitspieler bewahrt werden. Humor ist erwünscht und Ironie erlaubt - darf den Mitspieler aber nie verletzen.

Berufliches, Politik und Religion sind keine Spielthemen und bleiben daher Tabus. Schlaraffe kann zunächst jeder werden, der Sinn für Humor hat, Kunst in jeglicher Form und Freundschaft schätzt, Deutsch spricht und versteht (da es um den Erhalt der Sprache geht) und ein Mann von unbescholtenem Ruf ist. Doch der Weg zum Status eines Ritter ist weit. „Zunächst besucht man die Treffen, um sich ein Bild von uns zu machen Und damit wir uns auch ein Bild von dem Anwärter machen können. Passt es zwischen uns, dann wird der Besucher zum Pilger. Weiter geht es mit den Stationen Knappe und Junker. Zuletzt kommt der Ritterschlag. Bei einer feierlichen Zeremonie bekommt der zum Ritter zu schlagende Junker seine Insignien und einen Ritternamen, mit dem er von da an gerufen wird“, erklärt Ritter Torbellino.

In der Regel treffen sich die Wuppertaler Schlaraffen ein Mal in der Woche in ihrer „Burg“ am Fischertal. Dort tragen sie ihre „ritterliche Rüstung“ aus Stoff und liefern sich geistige Zweikämpfe. Am Dienstag trafen sich Ritter aber aus einem besonderem Anlass im „Wagner am Mäuerchen“: Ritter Torbellino lud seine Gefährten aus Wuppertal, Remscheid und auch Siegburg zu seinem 82. Geburtstag zu einer deftigen Tafel mit Bauernbrot, germanischem Met, Brühe zum Schlürfen, Rippchen, Haxen und Kartoffeln ein. Ein besonders edler Zug von Torbellino: Statt Geschenken wünschte sich Günter Hammer Spenden für das Kinderhospiz.

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