WZ TV: Wuppertals Muslime laden ihre Nachbarn in Moscheen ein

Ein Zeichen der Öffnung mit Information und Gastfreundschaft: Das Beispiel Gathe.

Wuppertal. Von 100 Schafen hatte der Vater geträumt und war nach Deutschland emigriert, um dort das erforderliche Geld zu verdienen. Aus der Viehherde wurde nichts, der Mann blieb in Wuppertal, wo sein Sohn, Selim Mercan heute zweiter Vorsitzender der Türkisch-Islamischen Gemeinde ist und gesteht, dass sich die Generation der Väter wohl ein wenig zu sehr abgeschottet habe. Verständnis hat er allerdings für die Zurückhaltung und führt gleichsam als Sinnbild für den Kultursprung eben jenen Wunsch nach 100 Schafen an.

Die Gegenwart aber steht für die Muslime der Stadt und des Landes unter dem Zeichen der Öffnung. Mit einem Tag der offenen Moschee flankierten sie - sogar bundesweit - den Tag der deutschen Einheit. Aber, so sagt Mercan, Moscheen stehen grundsätzlich jedem zwischen sechs Uhr morgens und Mitternacht offen.

Für Bernhard Kerkhoff und Veronika Streicher ist die besondere Einladung allerdings ein willkommener Anlass, die nach außen durch ihr Minarett besonders auffällige Moschee an der Gathe einmal von innen zu betrachten. Grundsätzlich seien ihnen islamische Andachtsstätten durchaus geläufig, aus dem Urlaub etwa, aber auch Duisburg, Solingen und Hilden.

Dass Passanten beim Anblick der Moschee an der Gathe kurz aufmerken, sich dann aber doch nicht trauen, das Gelände zu betreten, weiß Mercan und bedauert es. Gute nachbarschaftliche Beziehungen seien nicht nur ihm persönlich wichtig, sondern auch ein Anliegen der Religion. Für Glaubensbrüder sei die Moschee der Dreh- und Angelpunkt des gemeinschaftlichen Lebens. Dort treffe man sich täglich fünf Mal zum Gebet. Lasse sich jemand mehrfach nicht blicken, dann entstehe Besorgnis, forsche man nach, ob der Betreffende krank sei und besuche ihn gegebenenfalls. Dieses Stück Nächstenliebe erachte der Islam als notwendig.

Zum Verantwortungsbewusstsein gesellt sich aber auch Gastfreundschaft als weitere Tugend. So wird den Besuchern am Tag der offenen Moschee ein opulentes Büffet mit türkischen Köstlichkeiten serviert, bevor sie am Gebet teilnehmen dürfen. Selim Mercan erklärt den immerhin etwa 30 Gästen, was die Säulen des Islam sind, welche Anforderungen ein Haus erfüllen muss, um als Moschee dienen zu können, und wie sich aus seiner Sicht der muslimisch-christliche Dialog verbessern lässt. Ein Pfeiler dabei ist die gegenseitige Offenheit, aber auch die Bereitschaft, überkommene Vorstellungen zu prüfen. In diesem Sinne ist nichts förderlicher, als so ein Tag der freundschaftlichen Begegnung.

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