WZ-Interview: Grünen-Spitze - „Warten wir ab, was passiert, wenn jede Wiese bebaut wird“

Die Wuppertaler Grünen-Spitze über Profilierung in Zeiten von Rot-Schwarz und einen entmachteten Dezernenten.

Wuppertal. Die Grünen können einem fast schon Leid tun. Partei und Fraktion versuchen, sich redlich zu positionieren, verlieren aber immer weiter an Einfluss. Politik in Wuppertal findet ohne Sie statt.

Peter Vorsteher: Das stimmt natürlich nicht. Wir sind in der Politik überaus präsent und besetzen die Themen, die die große Kooperation im Rathaus bewusst ausklammert.

Michael Hohagen: Wir sind im Moment zwar kein Machtfaktor in der Stadt. Das kann sich jedoch ganz schnell ändern.

Ihr Draht in die Rathausspitze ist mit der faktischen Entmachtung des Grünen-Beigeordneten Harald Bayer durch die neue, durch Schwarz-Rot bestimmte Dezernats-Verteilung so gut wie abgeschnitten. Das scheint aber niemanden in Wuppertal zu interessieren.

Und die Umweltpolitik bestimmt künftig die SPD über ihren Stadtentwicklungsdezernenten.

Hohagen: Um nicht missverstanden zu werden: Wir sind nicht grundsätzlich gegen Bebauung in der Stadt.

Vorsteher: Wir wollen aber, dass bereits versiegelte Flächen bevorzugt werden, so wie das in Wichlinghausen vorbildlich passiert. Harald Bayer ist übrigens noch bis 2013 im Amt und schon oft totgeredet worden.

Was nützt ihm das? Bei der geplanten Landes-Jugendvollzugsanstalt ist er klassisch ausgebremst worden.

Vorsteher: Er hat die Details aus der Zeitung erfahren. Es hätte ja lästige Widersprüche des Umweltdezernenten geben können. Daran sehen Sie, dass Bedenken des Umweltschutzes bewusst ausgeklammert werden sollen.

Hohagen: Nicht nur die. Das Beteiligungsverfahren der Bürger zum JVA-Paket auf Erbschlöh war eine Farce.

Hohagen: Die können dann aus dem Tentrum Ronsdorfs nicht mehr nach Lichtscheid abbiegen.

Vielfach wird die Stadt kritisiert, wenn die Verantwortung eigentlich beim Land liegt. Das war beim Schulmittagessen nicht anders. Aber aus dem Thema scheint mit dem Rüttgers-Fonds die Luft raus zu sein.

Siller: Keineswegs. Es wird immer so getan, als wollten bedürftige Eltern einen Euro pro Mittagessen nicht ausgeben. Das ist Unsinn. Die Eltern haben das Geld tatsächlich nicht.

Trotzdem blieb der Stadt doch keine andere Wahl, als sich an dem Landesmodell zur Subventionierung des Schulmittagessens zu beteiligen.

Siller: Fakt ist aber, dass die Regelung schlechter ist als jene, die wir bis Ende des vergangenen Jahres hatten - mit einem kostenlosen Schulmittagessen für Kinder.

Hohagen: Übrigens kann sich die Stadt auch nicht immer mit dem Hinweis auf die Landesregierung aus der Verantwortung stehlen. Bei existenziellen Fragen wie der Ernährung von Kindern steht die Kommune in der Pflicht - und zwar unabhängig von der jeweiligen Haushaltssituation.

Aber es ist doch wohl unbestritten, dass die Stadt kein Geld hat.

Siller: Merkwürdigerweise ist es dem Kämmerer aber gelungen, ein paar Millionen für die Oper aufzutreiben. Auf Grünen-Initiative wurde das Schulmittagessen doch schon bezahlt, erst Schwarz-Rot hat es gestrichen.

Hohagen: Ich bleibe dabei, es geht hier nicht allein um Geld, sondern auch um Moral und Ethik, um Grundsätze der Kommunalpolitik. Aber darüber wird in der Stadt ja nicht mehr diskutiert.

Wie wollen Sie sich bei der Kommunalwahl aufstellen?

Vorsteher: Wir können sicher im Bereich der Flächenpolitik punkten. Da wächst die Unzufriedenheit über die Augen-zu-und-durch-Politik erkennbar.

Siller: Ich denke auch, dass die Klimapolitik für die Wuppertaler immer wichtiger wird. Da werden die Chancen für Stadt nicht mal ansatzweise erkannt. Wir hingegen besetzen das Thema ...

Hohagen: ... und werden damit wieder zum Machtfaktor in Wuppertal.

Frau Siller, Herr Hohagen, Herr Vorsteher, vielen Dank für das Gespräch.

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