Wupperthal – ein kleines grünes Nest mit Schule und Kirche

In Südafrika hat Wuppertal eine Schwesterstadt. Von WM-Trubel ist dort nichts zu spüren.

Wupperthal. "Lekkerbekkie" heißt das Restaurant, in dem man Essen nur auf Vorbestellung, ansonsten lediglich Tee und Gebäck erhält. Für die Nachtruhe stehen "Palmhuis", "Kloofhuis" oder "Khaki Park Camp Site" zur Verfügung. Das wär’s dann auch schon mit der touristischen Infrastruktur in Wupperthal. Nein das ist kein Schreibfehler: Wupperthal liegt in Südafrika, 250 Kilometer von Kapstadt entfernt am Nordrand der Zederberge. Seine Existenz verdankt das heute 4000 Einwohner zählende Örtchen einem Fluss - und einer kleinen Gruppe von Missionaren aus dem Bergischen. Sie gründeten im 19.Jahrhundert im jetzigen WM-Gastgeberland die Stadt, die den späteren Namen ihrer deutschen "Mutter" vorwegnahm.

Waren die Gründer noch auf abenteuerlichen Pfaden angereist, so ist der Weg heute leicht zu finden: Bei Clanwilliam rechts ab von der N7 und dann der Nase nach, "60 Kilometer über Schotter, unterwegs nur ein oder zwei Häuser". So erinnert sich Berend Veddeler von der Vereinten Evangelischen Mission (VEM) an seinen Kurzbesuch in Wupperthal vor gut einem Jahr. Vom riesigen Kapstadt in diesen winzigen Ort zu kommen, sei eine "ungewöhnliche Erfahrung" gewesen. Über Kilometer nur Rooibos-Plantagen, dann kurz vor dem Ziel der Blick von den Bergen hinunter "auf das kleine grüne Nest mit der Schule und der Kirche".

Das Grün verdankt Wupperthal dem Fluss Tratra, wie er vor Ankunft der Missionare hieß. 1829 war eine Gruppe der Rheinischen Mission von Barmen nach Südafrika ausgesandt worden. Daniel Lückhoff und Gustav Adolf Zahn kamen in bereits vorhandenen Missionen unter. Baron Theobald von Wurmb und dessen Frau Johanna sowie der Schuhmacher Johann Gottlieb Leipoldt, der einzige echte Wuppertaler des Teams, wollten eine eigene Station gründen. Das taten sie ohne Genehmigung der Missionsgesellschaft am 1. Januar 1830 bei der Farm Riedmond, gaben dem Fleck den Namen Wupperthal - und nahmen sieben Familien vom Eingeborenen-Volk der Khoikhoi unter ihre Fittiche.

Das Dorf ziehe sich "wie Wuppertal am Fluss entlang", beschreibt Veddeler eine der wenigen Gemeinsamkeiten mit der bergischen Großstadt. Mit den Arbeitern der Schuhfabrik, die noch auf Leipoldt zurückgeht, habe er ein paar Worte wechseln können - und zudem gestaunt über das kleine Museum, in dem das Andenken an die Missionare noch liebevoll gepflegt werde. Sicher gebe es noch viel zu entdecken in dem schönen grünen Fleck abseits der WM-Massentourismus-Ströme, sagt Veddeler - und empfiehlt jedem Wuppertaler die Reise nach Wupperthal. Eine Perle, deren Glanz in der Welt noch nicht so recht bekannt ist - auch dieses Schicksal teilen Wupperthal in Südafrika und Wuppertal im Bergischen.

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