Wuppertals Wohlfahrtspflege fordert energisch mehr Gehör

Die Wohlfahrtsverbände beziehen Kraft aus dem bergischen Städtebund. Leonid Goldberg führt dieses Jahr die Geschäfte.

Wuppertal. An die Untergangsstimmung der vergangenen Jahre erinnert sich Wuppertals Arbeitsgemeinschaft der Freien Wohlfahrtspflege (AGFW) durchaus, fühlt sich mittlerweile aber deutlich gestärkt. Nicht dass sich die sozialen Problemlagen entschärft hätten. Aber die Verbände haben gelernt, aus der Not eine neue Kraft zu gewinnen: Jetzt erst recht, und das als Anwalt der Unterprivilegierten.

Unter diesem Motto geht die AGFW in ein neues Jahr, das mit einer weiteren erfreulichen Überraschung aufwartet. 2011 nämlich übernimmt erstmals in der Geschichte Wuppertals der Jüdische Wohlfahrtsverband den Vorsitz.

Dessen Geschäftsführer Leonid Goldberg nahm die Gelegenheit zum Anlass, um auf eine bundesweit herrschende Schieflage zu verweisen. Die Jüdische Kultusgemeinde beispielsweise habe einen Korb, aus dem sie notleidende Menschen versorge. Ohne solchen freiwilligen Einsatz könnten gesetzlich vorgeschriebene Leistungen — etwa Sucht- oder Schuldnerberatung — nicht umfassend erbracht werden. Eine angemessene Anerkennung bleibe freilich aus.

Tatsächlich sind die finanziellen Zuwendungen in den vergangenen Jahren für den Pflichtbereich gestiegen, während sie für den freiwilligen Bereich konstant blieben. Diese faktische Kürzung hatte die AGFW angesichts der hohen Kommunalverschuldung bereits zähneknirschend hingenommen. Zunächst lediglich froh darüber, dass die von der Stadt angekündigten Kürzungen um eine Million Euro abgewendet werden konnten, sieht sich die AGFW jetzt wieder kampfbereit.

Das neue Gefühl der Stärke rührt teils daher, dass die Wohlfahrt Wuppertals, Remscheids und Solingens inzwischen geschlossen agiert. Dieser Bund sei zumindest in NRW beispiellos und besitze die Kraft, bundesweit gehört zu werden, sagt Martin Hamburger von der Diakonie Wuppertal. Christoph Humburg vom Caritasverband bestätigt, dass es vor diesem Hintergrund möglich sei, neue Gestaltungsspielräume zu gewinnen.

Lobby-Arbeit für den Menschen — darum wird es im Jahr 2011 verstärkt gehen. So spricht sich die AGFW dagegen aus, dass Arbeitsgelegenheiten gekürzt werden. Arge und Stadt hätten das Instrument sehr kreativ eingesetzt. Man müsse davon ausgehen, dass etwa 20 000 Menschen in Wuppertal nicht auf dem ersten Arbeitsmarkt vermittelbar seien. Gleichwohl müsse man diesen Menschen die Gelegenheit geben, an der Gesellschaft teilzuhaben. Es gehe da nicht nur um die Grundversorgung, sondern auch um ein Wertgefühl und eine Tagesstruktur, die nur durch sozialen Einsatz zu erzielen seien.

In Gesprächen mit Landespolitikern, wie sie schon 2010 geführt wurden, will die AGFW ihre Standpunkte vertiefen und so Einfluss auf den Bund gewinnen.

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