Coronavirus Corona: Bayer und AiCuris bringen Medikamente und Expertise ein

Die Wuppertaler Unternehmen beraten die Gesundheitsminister von Bund und Land.

Vor einigen Tagen geriet das Tübinger Pharmaunternehmen CureVac weltweit in die Schlagzeilen, weil es angeblich Versuche der US-Regierung gab, das Unternehmen abzuwerben, um dann exklusiv für die USA einen Impfstoff gegen das Coronavirus zu entwickeln. CureVac bestreitet zwar, dass es solche Abwerbungsversuche gegeben hat, aber die Wissenschaftler aus Baden-Württemberg stehen weiterhin im Ruf, bei der Entwicklung des dringend benötigten Impfstoffs die Nase vorne zu haben. Kurzfristig wird aber auch CureVac nicht zum Ziel kommen, laut Presseberichten ist frühestens im Sommer mit ersten klinischen Tests zu rechnen.

Da Impfstoffe in dieser Phase der Ausbreitung des Virus nicht zur Verfügung stehen, rücken die bereits vorhandenen Medikamente und deren mögliche Wirksamkeit bei der Behandlung schwer erkrankter Patienten in den Blickpunkt. Ein Thema, das für Bayer am Standort Wuppertal und für die AiCuris Anti-infective Cures GmbH Chance und Herausforderung zugleich ist.

„Angesichts der globalen Corona-Pandemie gilt es, verschiedenste Ansätze zur Behandlung von Patienten zu verfolgen“, sagt Oliver Renner, Leiter der Bayer-Kommunikation für den Bereich Pharmazie. Die Bayer AG stellt das Malaria-Mittel Chloroquin (Resochin) her. Ein Medikament, das von den chinesischen Behörden in die Behandlungsempfehlungen bei SARS-CoV-2 aufgenommen wurde. „Bayer ist mit dem Bundesgesundheitsministerium im Gespräch, Chloroquin nach Deutschland zu importieren“, sagt Renner. Ein Export der in Pakistan hergestellten Tabletten in andere Länder sei derzeit nur mit einer entsprechenden Sondergenehmigung des importierenden Staates sowie der Regierungsstellen in Pakistan möglich.

Chloroquin soll als Mittel für Corona-Patienten geprüft werden

Mit dem Bundesgesundheitsministerium werde auch darüber diskutiert, Chloroquin in der klinischen Anwendung bei SARS-CoV-2 Patienten durch enge Zusammenarbeit mit der Charité in Berlin zu prüfen. Bislang sei eine Wirkung von Chloroquin bei der Bekämpfung von SARS-CoV-2 lediglich in einer in-vitro (im Reagenzglas) Studie in China gezeigt worden. Wissenschaftliche Publikationen von klinischen Studienergebnissen lägen noch nicht vor.

Der Pharmakonzern Bayer hatte dem chinesischen Roten Kreuz Medikamente und Geld im Wert von 1,5 Millionen Euro zur Verfügung gestellt. Das Hilfspaket enthält unter anderem das Antibiotikum Moxifloxacin (Avelox®), dessen Wirkstoff im Bayer-Werk Wuppertal hergestellt wird und das bei Infektionen der Lunge eingesetzt wird.

Im Wuppertaler Werk werden Wirkstoffe für Arzneimittel hergestellt. Das ist ein Grund, warum auch eine vorübergehende Einstellung der gesamten Produktion des Elberfelder Werkes nicht zur Diskussion steht. Anders als zum Beispiel in der Automobilindustrie, denn auf Neuwagen kann eine gewisse Zeit verzichtet werden. Auf Medikamente dagegen nicht. „Wir fahren die Aktivitäten im Werk bei optimalem Output auf ein Minimum herunter“, beschreibt Mike Matthäus, Leiter der Unternehmenskommunikation der Bayer AG am, Standort Wuppertal, die Strategie. Es gelten Vorsichtsregeln: Vorübergehend sind Fremdfirmen-Besuche auf dem Betriebsgelände nicht zugelassen, für die Mitarbeiter gilt eine Abstandsregelung.

Oliver Renner weist auf den ständigen Austausch zwischen der Bayer AG mit dem Bundesgesundheitsministerium hin. Bayer habe dem Bund angeboten, Labore an den Standorten in Wuppertal und Berlin für große Testreihen zu nutzen. Außerdem könnten aktuell nicht benötigte Atemschutzmasken zur Verfügung gestellt werden.

Holger Zimmermann, wissenschaftlicher Geschäftsführer von AiCuris, sieht in dem weltweiten Wettbewerb der Forscher bei der Entwicklung eines Impfstoffes vor allem Vorteile. „Je mehr daran arbeiten, umso größer ist die Wahrscheinlichkeit des Erfolgs. Allerdings lässt sich bei Impfstoffen nur schwer etwas über die Zeitschiene sagen. Impfstoffe auf Sicherheit und Wirksamkeit zu testen, dauert mindestens sechs bis zwölf Monate. Auch wenn Zulassungsprozesse beschleunigt werden, könnte es noch ein bis anderthalb Jahre dauern, bis ein Impfstoff erhältlich ist.“

Eine wirksame Alternative bis dahin könnten Medikamente sein, die zwar nicht gegen das SARS-CoV-2 entwickelt worden sind, aber wirksam sind. „Ich würde sagen, da schauen im Moment alle im Keller nach, ob sie nicht zufällig etwas im Angebot haben“, beschreibt Zimmermann die Aktivitäten der Pharmaindustrie. AiCuris schließt Zimmermann dabei nicht aus. Das Unternehmen habe schließlich Medikamente gegen Viren wie das humane Cytomegalovirus (HCMV), das Herpes-simplex-Virus (HSV), das Hepatitis-B-Virus (HBV) und Adenoviren entwickelt. „Auch wir sind in Überlegungen, wie wir die Behandlung unterstützen können“, sagt Zimmermann. Bei der Prüfung der Eignung der eigenen Medikamente arbeite AiCuris mit externen Partnern zusammen. Bei der Wirksamkeit spiele das Zeitfenster des Einsatzes eines Anti-Viren-Mittels die entscheidende Rolle. Beim Herpes-Virus müsse man zum Beispiel sehr früh eingreifen, um zu verhindern, dass sich das Virus repliziert. Beim Coronavirus bedeute erst die schnelle Verbreitung in den unteren Atemwegen die tödliche Gefahr.

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