Arbeitswelt Keine Angst vor Mindestlohn

Taxiunternehmen und Einzelhandel sehen der geplanten Erhöhung gelassen entgegen.

Der Mindestlohn soll 2019 auf 9,19 Euro angehoben werden.

Der Mindestlohn soll 2019 auf 9,19 Euro angehoben werden.

Foto: dpa/Fabian Sommer

Die Befürchtungen waren groß. Gerade im Einzelhandel, Hotel- und Gaststättengewerbe, bei Friseuren und unter Taxiunternehmern warnten Arbeitgeberverbände eindrücklich vor negativen Folgen eines Mindestlohns. Zum 1. Januar 2019 wird er zum dritten Mal angehoben. Im Fokus der Debatte steht dabei nicht mehr das ob, sondern seine Höhe und für wen der Mindestlohn gelten soll.

„Der Kostendruck ist größer geworden“, erklärt Nico Höttges von der Taxizentrale Wuppertal. „Personalkosten sind natürlich ein nicht zu vernachlässigender Faktor.“ Dass diese wichtiger seien als die Faktoren Versicherung, Benzinpreise und Instandhaltung, kann Höttges indes nicht ausmachen. Insofern ist auch die zum 1. Januar in Kraft tretende Preiserhöhung in den Wuppertaler Taxen nicht allein auf die Erhöhung der Personalkosten zurückzuführen. Im Übrigen seien viele Taxiunternehmer, die über die Zentrale vermittelt würden, selbständige Unternehmer mit nur einem Fahrzeug. „Wenn ich selbst Unternehmer bin mit meinem eigenen Taxi, muss ich mir selbst auch nicht den Mindestlohn zahlen“, führt Höttges aus. Dass nach der Einführung des Mindestlohns einzelne Fahrer Konzessionen für ein zweites oder drittes Taxi abgegeben hätten und Fahrer folglich entlassen wurden, mag er jedoch nicht ausschließen. Insgesamt spiele ein gänzlich lohnunabhängiger Faktor der Taxibranche in die Hände. „Die Leute werden älter, und Senioren sind häufiger Kunden von Taxiunternehmen“, erklärt Höttges.

Auch der Wuppertaler Einzelhandel kann keine Auswirkungen des Mindestlohns festmachen. „Die Unternehmen in unserem Verband zahlen den Tariflohn“, so Ralf Engel vom Handelsverband NRW. „Die meisten anderen orientieren sich daran“, schätzt Engel.

Zwölf Euro seien eine realistische Perspektive für den Mindestlohn

„Vor 9,19 Euro haben wir keine Angst, weil es ein maßvoller Anstieg ist“, erklärt Marie Haus, Betriebsleiterin der Villa Media und Kreisvorsitzende des Deutschen Hotel- und Gaststättenverbandes (Dehoga) in Wuppertal. Der Mindestlohn ist seit seiner Einführung von 8,50 Euro pro Stunde in 2015 auf 8,84 Euro im Jahr 2017 angehoben worden. Nun erfolgt in zwei Schritten eine Erhöhung auf 9,19 Euro ab 2019 und 9,35 Euro ab 2020. Jedoch schiebt Haus hinterher: „Anders sähe es aus, wenn wir über einen Mindestlohn von zwölf Euro zu sprechen hätten, wie es manchem Politiker vorschwebt.“ Einen Abbau von Arbeitsplätzen habe es nicht gegeben, auch aufgrund der allgemeinen wirtschaftlichen Lage. „Wir waren trotzdem gegen die Einführung, weil wir glauben, dass wir im Rahmen der Tarifautonomie mit der Gewerkschaft NGG gute Ergebnisse beim Lohneinstieg erreicht hatten und weiter gefunden hätten“, so die Dehoga.

Zwölf Euro pro Stunde sind für Sigrid Wolf vom Deutschen Gewerkschaftsbund (DGB) hingegen eine realistische Perspektive. „Die Mindestlohnkommission, in der ja auch Gewerkschaftler und Wissenschaftler sitzen, handelt natürlich immer einen Kompromiss aus“, so die Geschäftsführerin der DGB-Region Düsseldorf-Bergisch-Land. Der Mindestlohn bilde dabei nur ein Auffangbecken für die Arbeitnehmer mit den geringsten Löhnen. „Unternehmen, die auf qualifiziertes Personal angewiesen sind, zahlen ohnehin deutlich mehr.“ Für diese höheren Löhne seien nach wie vor die Tarifverhandlungen entscheidend. Sorge bereitet Wolf daher die abnehmenden Mitgliederzahlen in den Arbeitgeberverbänden. Diese sind entscheidend, um einen Tarifvertrag allgemeinverbindlich zu erklären und seine Wirksamkeit auf alle Beschäftigten und Unternehmen der Branche auszuweiten.

Für die Durchsetzung des Mindestlohns in Wuppertal ist die Finanzkontrolle Schwarzarbeit (FKS) des Hauptzollamts Düsseldorf zuständig. Im Jahr 2017 seien über 1000 Überprüfungen von Arbeitgebern erfolgt. Der Schaden, der sich unter anderem durch Umgehung des Mindestlohns ergibt, betrug für die Sozialkassen 30 Millionen Euro. „Die FKS benötigt eine bessere personelle Ausstattung“, meint daher Sigrid Wolf.

Dass der Mindestlohn vier Jahre nach Einführung in Frage gestellt werden könnte, scheint unwahrscheinlich. „Für uns ist er immer noch ein großer Erfolg“, sagt daher Wolf.

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