Bildtsrak und ohne Klischees Wuppertaler Talflimmern zeigt Kafka-Film im Freiluftkino

Wuppertal · Das Publikum war am Donnerstag vom Film beeindruckt.

 Während der Vorführung herrschte tiefe Stille im Innenhof der Alten Feuerwache an der Gathe.

Während der Vorführung herrschte tiefe Stille im Innenhof der Alten Feuerwache an der Gathe.

Foto: Matthi Rosenkranz

Franz Kafka liebte das Kino, und das Kino erwidert seine Liebe bis heute. Dank Talflimmern gab es am Donnerstag ein Wiedersehen mit der jüngsten Hommage an den weltbekannten Autor. Im Freiluftkino an der Gathe lief „Die Herrlichkeit des Lebens“ von Georg Maas und Judith Kaufmann. Der im Frühjahr veröffentlichte Spielfilm lässt Kafka-Klischees links liegen und überzeugt durch starke Darsteller und Bilder.

„Die Herrlichkeit des Lebens“ erzählt eine Liebesgeschichte vor dem Hintergrund des nahenden Todes. Als der Schriftsteller im Erholungsurlaub Dora Diamant kennenlernt, ist seine Tuberkulose weit fortgeschritten. Die lebenstüchtige Dora lässt ihn die Krankheit vergessen, und schnell wird aus der Sommerromanze mehr. Es folgen die wohl aufregendsten Monate seines Lebens: Kafka, der sich bis dahin nicht von seiner Familie in Prag lösen konnte, zieht zu Dora nach Berlin.

Was ihm mit seinen früheren Verlobten nicht gelungen ist, glückt ihm mit ihr – eine feste Beziehung, die ihm genug Freiraum zum Schreiben lässt. Doch der harte Berliner Winter und die wirtschaftlich schwierigen Verhältnisse des frühpensionierten Kafka fordern ihren Tribut. Dora ist an seiner Seite, als sich sein Gesundheitszustand verschlimmert und er ins Sanatorium muss. Bis zu seinem Tod im Juni 1924 reißt das innige Gespräch zwischen den beiden nicht ab: Unfähig zu sprechen, teilt er ihr seine Gedanken und Gefühle auf Notizblättern mit.

Von großer Leidenschaft sprechen die Blicke, die die Schauspieler Sabin Tambrea und Henriette Confurius miteinander austauschen. In den Dialogen, die auf dem gleichnamigen Roman von Michael Kumpfmüller basieren, lassen sie ihren Charme spielen. Dem Darstellerpaar nimmt man die jungen Leute ab, die dem Ernst der Lage mal mit leisem Humor, mal mit ausgelassenem Tanzen begegnen. Da sie so lebensnah wirken, hofft und bangt der Zuschauer, der das traurige Ende der Geschichte natürlich kennt, bis zuletzt mit den Liebenden.

Der Dichter Kafka kommt im Film nicht zu kurz. Von der „Verwandlung“ bis hin zum „Brief an den Vater“ sind seine Texte nachvollziehbar in die Handlung eingebettet. Dabei wird das Bild des einsamen Schreibers in der Nacht ergänzt durch den begnadeten Vortragskünstler, der mit seiner Literatur Jung und Alt in den Bann zieht.

Dass man die „Herrlichkeit des Lebens“ auf der großen Leinwand sehen sollte, legen die Bilder von Regisseurin und Kamerafrau Judith Kaufmann nahe. Den Ostseestrand, an dem sich Kafka und Dora zum ersten Mal begegnen, lässt sie von Licht durchfluten. Geradezu impressionistisch werden die Farben des Meeres beschworen.

Eine ganz andere Szenerie ist das Berlin der Inflationszeit. In den Hauptstadtstraßen dominieren verwaschene Grau- und Blautöne. Trist sind auch die Interieurs. Eingezwängt zwischen dunklen Holzmöbeln, versucht Kafka vergeblich, ein neues Leben zu beginnen. Eine Rückkehr zur gleißenden Helligkeit ergibt sich erst, als Kafka das im Grünen gelegene Sanatorium aufsucht.

Davon war auch das Talflimmern-Publikum beeindruckt. Während der Vorführung herrschte tiefe Stille im Innenhof der Alten Feuerwache, und zum Glück gab es keinen Regen, der vom konzentrierten Schauen ablenkte. Danach konnte man ungestört seiner Wege gehen – je nach Temperament in angeregter Unterhaltung oder in Gedanken versunken. „Ein angenehmer Filmabend“, brachte es Mark Rieder vom Veranstalterteam auf den Punkt. In der kommenden Woche zeigt das Talflimmern-Kino die Romanverfilmung „Ein ganzes Leben“ (8. August), die Komödie „Von Vätern und Müttern“ (9. August) und „Geliebte Köchin“ mit Juliette Binoche (10. August). Weitere Informationen und Tickets unter