Energiekrise Stadtwerke erhöhen die Preise: 50 Prozent mehr für Gas

Wuppertal · Der Strompreis soll um 33 Prozent steigen. Die Erhöhung gilt ab 1. Oktober.

 Auf die Kunden der Wuppertaler Stadtwerke kommen höhere Stromkosten zu.

Auf die Kunden der Wuppertaler Stadtwerke kommen höhere Stromkosten zu.

Foto: dpa/Uli Deck

Die Wuppertaler Stadtwerke (WSW) erhöhen die Energiepreise: Strom in der Grundversorgung soll ab 1. Oktober um insgesamt rund 33 Prozent teurer werden, Gas um insgesamt rund 50 Prozent. Das haben die WSW am gestrigen Donnerstag verkündet. Damit vollziehen auch sie einen Schritt, den derzeit viele Energieversorger tun. Und es wird wohl noch mehr auf die Verbraucher zukommen: „Man sollte sich eher auf eine weitere Verschärfung einstellen, als dass die Preise wieder sinken“, sagt Christina Wallraf, Energiereferentin der Verbraucherzentrale.

Die Stadtwerke rechnen vor, wie sich diese Preiserhöhungen auf Beispielhaushalte auswirken. Dafür nennt sie etwa einen Haushalt mit einem durchschnittlichen jährlichen Stromverbrauch von 1400 Kilowattstunden. Dieser müsse in der Grundversorgung durch die Preiserhöhung etwa 163 Euro brutto im Jahr mehr zahlen (statt 480 jetzt 643 Euro). Bei einem jährlichen Gasverbrauch von 5000 Kilowattstunden erhöht sich die Jahresabrechnung um rund 300 Euro (statt 597 auf 897 Euro).

37 statt 26 Cent pro Kilowattstunde

Christina Wallraf macht darauf aufmerksam, dass sich diese Verbrauchszahlen eher auf einen Einpersonenhaushalt beziehen. „Wir rechnen mit einer Beispielfamilie, die im Einfamilienhaus wohnt und einen mittleren Verbrauch hat. Für diese gehen wir von 3500 Kilowattstunden Strom und 20 000 Kilowattstunden Gas aus.“ Entsprechend erhöhten sich die Mehrkosten. Nach WZ-Berechnung steigt die Stromrechnung im WSW-Tarif Classic bei einem Verbrauch von 3500 Kilowattstunden von 1028 auf 1435 Euro (407 Euro mehr) und die Gasrechnung bei einem Verbrauch von 20 000 Kilowattstunden um 1200 Euro (statt 1857 auf 3057 Euro)

Einzelpreise pro Kilowattstunde zu nennen, ist schwierig, weil die Stadtwerke diverse unterschiedliche Tarife anbieten. Zudem setzt sich der Gesamtpreis aus einem Grundpreis und den verbrauchten Kilowattstunden zusammen. Durch Rückrechnung der WSW-Beispiele ergibt sich eine Erhöhung des Strompreises im Tarif Classic von 26 auf 37 Cent pro Kilowattstunde, beim Gas im Tarif Classic pro Kilowattstunde von 8,4 auf 14,4 Cent. Christina Wallraf findet: „Das ist in Ordnung.“

Große Aufmerksamkeit hat die Preiserhöhung des Energieversorgers Rhein-Energie erhalten. Der hatte am 1. August eine Erhöhung der Gaspreise auf 18,3 Cent bekannt gegeben. Das macht beim Gesamtpreis eine Steigerung um 108 bis 116 Prozent aus. Christina Wallraf sagt: „Man muss damit rechnen, dass noch viele Versorger ihre Preise erhöhen. Beim Gas wird künftig 15 bis 20 Cent pro Kilowattstunde das neue Normal sein.“

Die Wuppertaler Stadtwerke verweisen auf die Preisentwicklung auf dem Energiemarkt: „Seit dem letzten Jahr sind die Energiepreise in einem bisher nicht gekannten Ausmaß gestiegen.“ Der Krieg in der Ukraine und die Verknappung der Energielieferungen hätten die Preisexplosion zusätzlich befeuert. WSW-Kunden hätten in den letzten Monaten von der mittelfristigen Beschaffungsstrategie der Stadtwerke profitiert. Die WSW kauften große Energiemengen bis zu zwei Jahre im Voraus ein. „Nun aber kommen die extrem hohen Marktpreise auch bei den Wuppertaler Haushalten an.“

In den WSW-Tarifen außerhalb der Grundversorgung fallen die Preiserhöhungen ab Oktober unterschiedlich aus. Zwar sei der Tarif „WSW Smart“ bei entsprechenden Abnahmemengen günstiger, dennoch „wird die prozentuale und absolute Preiserhöhung deutlich ausfallen“, kündigen die WSW an. Wer diesen Tarif auch für Gas nutze und durchschnittlich etwa 15 000 Kilowattstunden um 70 bis 80 Prozent höher liegen als bisher. Dadurch würde sich beispielsweise im Tarif WSW Smart die Gasrechnung um 890 Euro im Jahr erhöhen.

Ab 1. Oktober sind außerdem Umlagen zu zahlen

Weitere Belastungen sind zu erwarten. Die WSW kündigen zum einen die Umlage an, die helfen soll, die Mehrkosten der Unternehmen auszugleichen, unter anderem zur Stützung des Unternehmens Uniper. Christina Wallraf erklärt, diese werde 1,5 bis 5 Cent pro Kilowattschunde ausmachen. Noch nicht klar sei, ob sie auch für Kunden mit noch laufenden langfristigen Verträgen gelten. Außerdem wird es eine neu eingeführte Gasspeicherumlage geben. Sie soll die Kosten für das Auffüllen der Gasspeicher auf verteilen, wofür die Unternehmen aktuell Gas zu hohen Preisen kaufen. Ihre Höhe steht noch nicht fest. Und ab 1. Januar 2023 wird die nächste Stufe der CO2-Bepreisung wirksam.

Die WSW gehen nicht davon aus, dass die Energiepreise mittelfristig wieder das Niveau vor dem Ukraine-Krieg erreichen. „Stattdessen ist für die kommenden Jahre mit einem dauerhaft hohen Energiepreisniveau zu rechnen.“ Auch Christina Walraff befürchtet, dass mit dem Auslaufen weiterer langfristiger Lieferverträge der Unternehmen noch weitere Preissteigerungen zu erwarten sind. Um hohe Nachzahlungen am Ende des Abrechnungsjahres zu vermeiden, werden die WSW die Abschläge für alle Tarifkunden zum 1. Oktober 2022 dem Verbrauch entsprechend anheben. Darüber werden die Kunden nochmals separat informiert.

Die steigenden Energiepreise bereiten der Politik Sorgen. Es wird befürchtet, dass zu viele Verbraucher von den hohen Kosten überfordert sind. Stadtkämmerer Johannes Slawig sprach kürzlich von sozialem Sprengstoff. Die Wuppertaler SPD fordert deshalb unter anderem ein sechsmonatiges Moratorium für Wohnungskündigungen, wenn Mieter die Nebenkosten nicht zahlen können, eine Ausweitung und dynamische Erhöhung des Wohngelds und zielgerichtete Maßnahmen für Menschen mit niedrigem und mittlerem Einkommen..

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