Wuppertal Springmann-Prozess: Verteidiger greift Gutachter an

Wuppertal · Am 37. Tag des Springmann-Prozesses lehnte das Gericht erneut Anträge der Verteidigung ab. Und plante, wann es ein Urteil verkünden könnte.

 Verteidiger Klaus Bernsmann (r.) mit dem Angeklagten.

Verteidiger Klaus Bernsmann (r.) mit dem Angeklagten.

Foto: Fischer, Andreas (f22)

Der Prozess um die Morde an dem Unternehmerpaar Christa und Enno Springmann könnte bald zu Ende gehen. Das Gericht will in der kommenden Woche die Plädoyers hören, plant für Ende der Woche die Urteilsverkündung. Das erklärte der Vorsitzende Richter am Montag, dem 37. Tag des Prozesses.

Denn das Gericht hat alle Zeugen und Gutachter gehört, die es hören möchte. Es lehnte am Montag auch noch einmal ab, ein weiteres Gutachten zum Todeszeitpunkt einzuholen. Das hatte die Verteidigung erneut gefordert, nachdem das Gericht dies bereits einmal abgelehnt hat.

Die Verteidiger wollen, dass der Todeszeitpunkt mit einer in Jena entwickelten Methode untersucht wird. Dabei wird der gefundene Körper virtuell in zahlreiche Teile zerlegt, um die mögliche Entwicklung der Körpertemperatur zu berechnen und dadurch Rückschlüsse auf den Todeszeitpunkt zu ziehen. Der bisher gehörte Gerichtsmediziner hatte erklärt, diese Methode sei noch nicht anerkannt. Zudem würde sie im Springmann-Fall nicht helfen, weil es Luftbewegungen in den Räumen gegeben habe, in denen die Toten lagen.

Verteidiger Klaus Bernsmann kritisierte, der bisherige Gutachter kenne sich nicht gut genug beim Thema Todeszeitpunktbestimmung aus. Er könne die neu entwickelte Methode nicht beurteilen. Das Gericht dürfe aber in einem Mordfall nichts unversucht lassen. Die Verteidigung hatte schon öfter thematisiert, dass das Unternehmerpaar auch erst später in der Nacht auf den 20. März 2017 getötet worden sein könne - zu einer Zeit, zu der der angeklagte Enkel ein Alibi hat. Die Anklage geht von einem Todeszeitpunkt von vor 19 Uhr aus - da fuhr der Enkel nach eigener Aussage allein auf der Autobahn, „um den Kopf frei zu kriegen“.

Am Montag zog zudem Rüdiger Deckers, ebenfalls Verteidiger des Enkels, die Aussagekraft der am Tatort gefundenen Faserspuren in Zweifel. Diese stammten von industriell gefertigten Textilien, die es tausendfach, möglicherweise millionenfach gebe. Ein neuer Sachverständiger sollte dies erläutern. Das Gericht erklärte dazu, dass der dazu bereits gehörte Sachverständige dies ebenfalls so gesagt - wenn auch nicht in den Vordergrund gestellt habe. Die Anklage stützt sich unter anderem auf Faserspuren, die jeweils an den und um die Leichen sowie im Auto des Enkels gefunden wurden, das allerdings erst Wochen nach der Tat untersucht wurde. Deckers sagte: „Es wird sich zeigen, dass auch andere Personen das Auto mit Fasern kontaminiert haben können.“

Die Verteidiger des Enkels kündigten an, ihr Mandant wolle noch einige Punkte ansprechen. Und sie ziehen auch noch einen Befangenheitsantrag gegen das Gericht in Erwägung. Gelegenheit dazu haben sie am Mittwoch.

Das Gericht kündigte an, es könne sein, dass rechtliche Hinweise erteilt werden. Solche Hinweise erteilt ein Gericht, wenn in einem Prozess auch eine Verurteilung wegen anderer als der angeklagten Vorwürfe in Frage kommt - in diesem Fall könnten das möglicherweise Anstiftung oder Beihilfe zum Mord sein. Der Vorsitzende Richter betonte aber, dass diese Ankündigung nicht automatisch bedeute, dass eine andere Verurteilung wahrscheinlich sei.

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