Kontakthof in Wuppertal Die Veranstaltungsbranche schaut in eine ungewisse Zukunft

Kontakthof-Betreiberin Ilona Ludwig berichtet von den Narben der Pandemie und einer geringen Wertschätzung der Jugend.

 Ilona Ludwig, Betreiberin des Kontakthofs, glaubt, dass die Corona-Auswirkungen noch eine Zeit lang zu spüren sein werden.

Ilona Ludwig, Betreiberin des Kontakthofs, glaubt, dass die Corona-Auswirkungen noch eine Zeit lang zu spüren sein werden.

Foto: Fries, Stefan (fri)

In Pandemie-Zeiten hat es einige Branchen besonders hart getroffen – unter anderem auch die Veranstaltungs- und Kulturszene. Aber nicht nur die Pandemie hinterlässt ihre Spuren. Ilona Ludwig, Betreiberin des Kontakthofs Wuppertal, berichtet von gesellschaftlichen Entwicklungen und schaut nach vorne in die Zukunft, in der sie für so manche Kulturveranstaltungen eine ungewisse Zeit sieht.

Seit Freitag dürfen in den Räumlichkeiten des Kontakthofs wieder Veranstaltungen mit Publikum stattfinden. Um 20 Uhr startete David Grashoffs Vollkontakt-Comedy die diesjährige außergewöhnliche Saison. Weiter geht es am Sonntag, 13. Juni, mit einer Weltmusik-Veranstaltung. Vieles sind Nachholtermine, berichtet Betreiberin Ilona Ludwig.  Meist sind sie ausverkauft. Bei neuen Terminen herrscht noch eine große Ungewissheit.

„Ich denke, dass man generell vorsichtiger sein wird“, stellt sich Ludwig die Zeit nach der Pandemie vor. „Ich kann mir vorstellen, dass Menschen nicht in den Kontakthof kommen, wenn sie sehen, dass es voll da drin ist.“ Zurückzukehren zu den Verkaufszahlen vor der Pandemie – das werde lange dauern.  Außerdem hätten die Menschen sich verändert, das sei ihre große Sorge vor der ersten Veranstaltung, sagte Ilona Ludwig im Gespräch mit der WZ am Donnerstag. „Sind die Menschen angstbeladen oder freuen sie sich von Herzen, dass sie wieder was machen können?“, so Ludwig. Es sei ein gemischtes Gefühl.

Gemischte Gefühle hat die Betreiberin auch in Bezug auf die entferntere Zukunft. „Die Menschen haben ihre Gewohnheiten geändert“, meint sie. Viele Künstler etwa hätten sich vorübergehend von dem Gedanken gelöst, Musik zu machen und seien in Berufe getrieben worden, in denen sie sich nicht wohlfühlen. Den Spielplan für die kommenden Monate zu füllen, gestaltet sich somit als Herausforderung für Ludwig.

Andere Veranstaltungs-Genres werden schnell zurückfinden. Comedy-Auftritte sind zum Beispiel immer gefragt, bei Jung und Alt.  „Ich denke, dass es in jeder Alterskategorie Menschen gibt, die Spaß an Kultur haben und die sich das nicht nehmen lassen“, meint Ilona Ludwig. Jetzt gelte es, die Älteren nach der langen Zwangspause noch mal zu mobilisieren. Denn niemand ist dauerhaft zufrieden mit digitalen Veranstaltungen. Als paralleles Instrument, Veranstaltungen zu übertragen und für die Menschen zur Verfügung zu stellen, die nicht vor Ort dabei sein können, findet Ilona Ludwig Online-Veranstaltungen aber angemessen.

Wertschätzung für
Kultur sinkt bei den Jüngeren

Manche Veranstaltungen würden sich immer ein wenig schwertun, Menschen anzuziehen, Tango etwa. „Wir sind in einem schrägen Zeitalter angekommen“, so Ludwig. Die Wertschätzung für bestimmte Musikrichtungen sei bei jüngeren Generationen nicht geprägt. „Aber wie auch, wenn man sie nie in Verbindung gebracht hat, wenn man ihnen das nicht zugeführt hat? Wir sind im Alter der absoluten Reizüberflutung, alles ist schnell, laut, am besten noch vulgär. Da ist ein Tango nicht zeitgemäß“, überlegt die 49-jährige Wuppertalerin. Sie traue sich nicht, es auszusprechen, doch vermutet sie, dass viele Dinge mit älteren Generationen aussterben werden – Plattkaller Abende zum Beispiel.

Dass die Wertschätzung für Kultur bei jungen Menschen so gering ist, liegt Ludwig zufolge am Bildungssystem. Schon vor der Pandemie hat sie Probleme in der Kulturbildung gesehen, die jetzt noch einmal verstärkt wurden.

Doch es gebe einige Schulen in anderen Städten, die das auffangen, was Eltern aus eigener Initiative nicht schaffen mit Talentschulen oder speziellen Programmen zur Kulturförderung der Kinder.

In Wuppertal sieht Ludwig aber keine Bemühungen. Sie wünscht sich, dass Verwaltung und Politik präsenter sind und den Wuppertalern zuhören. Doch was die Zeit unmittelbar nach der Pandemie angeht ist sie zuversichtlich: „Ich habe die Hoffnung, dass es besser wird.“

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