Kommentar Zwei Stunden offen für alles

Meinung · WZ-Redakteur Daniel Neukirchen glaubt: Die fragwürdige Blitz-Öffnung im Einzelhandel ist Symptom einer großen Regelmüdigkeit.

 Einkaufen in der dritten Corona-Welle.

Einkaufen in der dritten Corona-Welle.

Foto: dpa/Daniel Reinhardt

Mitten in einem Endlos-Lockdown sind wir aller Regeln müde. Täglich wird uns bewusst: Der Corona-Regelkatalog ist mehr Flickwerk als Gesamtkunstwerk. Das Problem daran ist: Weil wir die Vorgaben von Land und Stadt längst nicht mehr zu 100 Prozent nachvollziehen können, verlieren wir völlig aus dem Auge, worum es geht: nämlich darum, eine Pandemie einzudämmen. Wie erschreckend weit sich einige von diesem Vorhaben entfernt haben, zeigte sich am Montag in vielen Innenstädten in NRW. Das OVG Münster hatte die Corona-Schutzverordnung kassiert. Für ein paar Stunden waren die Beschränkungen für den Einzelhandel damit formal aufgehoben. Ausdrücklich ging es den Richtern aber um die Ungleichbehandlung der verschiedenen Handelssparten. Der Lockdown sollte nicht mitten in der Pandemie enden. Doch wer nur auf die Regeln schaut und nicht mehr nach dem Sinn dahinter, der tut für zwei Stunden genau das, was er darf: Tore auf, Kunden rein. Das wirft die Frage auf: Halten uns eigentlich nur die - in Wuppertal spärlich verteilten - Bußgelder davon ab, die Corona-Pandemie am Wühltisch eskalieren zu lassen? Mit weniger Regeln und mehr gesundem Menschenverstand wären alle in der Krise besser bedient. Lieber allein mit nur 35 Metern Abstand zur Pommesbude speisen (aktuell verboten), als sich ins Getümmel stürzen - nur weil es für zwei Stunden erlaubt ist.