Technische Herausforderung Wuppertaler Kaiserwagen fällt bis September 2021 aus

Wuppertal · Wuppertal Marketing plant nach der Corona-Krise Rundfahrten mit den neuen Waggons.

 Ulrich Jaeger, Geschäftsführer WSW mobil, und Martin Bang vom Stadtmarketing Wuppertal im Kaiserwagen.

Ulrich Jaeger, Geschäftsführer WSW mobil, und Martin Bang vom Stadtmarketing Wuppertal im Kaiserwagen.

Foto: Fries, Stefan (fri)

Von der Decke des Kaiserwagens hängen eine unübersichtliche Zahl von Kabeln herunter. Wie Spaghetti von einer Gabel. Das 120 Jahre alte Fahrzeug steht derzeit aufgebockt in der WSW-Wagenhalle in Vohwinkel. Die Sanierung des Kaiserwagens ist komplex. Mit jedem weiteren Arbeitstag sei den Wuppertaler Stadtwerken der Umfang der nötigen Schritte klar geworden. Eigentlich sollte der Kaiserwagen im Sommer wieder an die Schiene. Doch jetzt gab WSW-Geschäftsführer Ulrich Jaeger das offiziell bekannt, was das Unternehmen im Hintergrund schon länger wusste: Der Kaiserwagen muss noch länger ruhen. Frühestens im September 2021 rechnen die WSW mit der Rückkehr.

Jaeger sagt: „Die Verkabelung ist aufwendiger als gedacht und auch am Drehgestell muss gearbeitet werden.“ Schließlich müsse die Bahn dann auch noch neu zugelassen werden. Dass das so zeitintensiv wird, habe sich erst im Laufe der vergangenen Monate herausgestellt. Gerade die technische Dokumentation des einzigartigen Waggons sei nicht einfach. Die vorhandenen Dokumente des Kaiserwagens stammen nämlich in der Mehrzahl von 1976, als der Zug zum 75-jährigen Jubiläum nach 70 Jahren im Fahrdienst generalüberholt wurde.

Fahrgäste sollen Einblick
in die Wagenhalle erhalten

Für Wuppertal Marketing ist der Ausfall des Tourismus-Magneten seit dem Schwebebahn-Unfall im November 2018 ein Schlag ins Kontor. Zuletzt, in der Saison 2017, fuhren 14 000 Menschen mit dem Kaiserwagen und erkundeten bei Kaffee und Kuchen die Stadt auf Schwebehöhe. Der Kaiserwagen lockte die Leute nach Wuppertal. Kein Wunder, dass sich Marketing-Chef Martin Bang gemeinsam mit den Stadtwerken nun eine Alternative einfallen lassen musste. „Eine schwebende Stadtrundfahrt ist durch nichts zu ersetzen“, sagt Bang. „Nur durch eine schwebende Stadtrundfahrt.“

Daher soll es – natürlich nach dem zeitlich völlig ungewissen Ende der Corona-Krise – demnächst eine neue Stadtrundfahrt mit der Schwebebahn geben. Dann in den neuen blauen Waggons. Um die Erlebnis-Tour, die jeweils zwei Mal samstags und sonntags geplant ist, noch attraktiver zu machen, sollen die Teilnehmer zum Start einen exklusiven Einblick in die Wagenhalle in Vohwinkel erhalten, wo es zusätzlich einen Film über den Schwebebahn-Umbau zu sehen geben soll. Zudem sollen die Fahrgäste im Fahrzeug sitzen bleiben dürfen, wenn die Schwebebahn durch die Wendeschleife in Oberbarmen fährt. Tickets für die geführte Tour werden für Erwachsene 16,50 Euro kosten.

Doch gefühlt ist dieses Angebot noch Lichtjahre entfernt. Denn die Corona-Krise beendet jetzt erst einmal vorläufig alle Tourismus-Bemühungen des Marketings abrupt. Wie Bang mitteilte, ist die Geschäftsstelle in Elberfeld ab sofort geschlossen. Alle Veranstaltungen sind logischerweise bis in den April hinein abgesagt.

Die Stadtwerke haben unterdessen noch viel Arbeit vor sich. Der Kaiserwagen wird von 600 auf 750 Volt Fahrstrom umgestellt. Dafür ist unter anderem eine neue Verkabelung notwendig, die noch mit der Aufsichtsbehörde abgestimmt wird. Die 44 Jahre alte Verkabelung erwies sich nach ihrer Freilegung als ungeeignet.

Nach der jetzigen Planung soll zu Beginn des Jahres 2021 der Kaiserwagen wieder zusammengebaut werden und zu ersten Versuchs- und Testfahrten aufbrechen. Nur wenn ein Sachverständiger grünes Licht gibt, wird der Zeitplan September 2021 zu halten sein. Jaeger sagt: „Im Ernstfall sind sogar neue Drehgestelle notwendig. Wir gehen im Moment nicht davon aus, aber auszuschließen ist das nicht.“ Die Kosten für die komplette Sanierung summieren sich – Stand jetzt – auf rund eine Million Euro. Dafür soll der Kaiserwagen dann aber auch für die nächsten 30 Jahre fit gemacht werden.

(neuk)
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