Kulturerbe Wuppertaler Friedhöfe werden Kulturerbe

Wuppertals Friedhöfe werden als immaterielles Unesco-Erbe ausgezeichnet.

 Ingo Schellenberg, Geschäftsführer des Evangelischen Friedhofsverbandes.

Ingo Schellenberg, Geschäftsführer des Evangelischen Friedhofsverbandes.

Foto: Fries, Stefan (fri)

Warum haben die Wuppertaler Friedhöfe die Auszeichnung verdient?

Ingo Schellenberg: Sie haben die Auszeichnung verdient, weil sie sehr stark auch die Stadt und die Stadtgeschichte mitprägen. Alle Friedhöfe in unserer Stadt sind historisch gewachsen, teilweise gibt es sie schon seit mehreren hundert Jahren. Die Friedhöfe sind mit der Gesellschaft und den jeweiligen Ortsteilen groß geworden und haben damals wie heute eine wichtige Bedeutung für die Menschen. In Cronenberg und Ronsdorf beispielsweise, wo es viele Gräber von Pfarrern oder von großen Familien gibt, prägen sie die Identität der Stadtteile mit. Aber es geht nicht ausschließlich um die Besuche der verstorbenen Menschen oder Familienangehörigen. Es sind keine toten Ort, wo nur Trauer herrscht und nicht gelacht werden darf. Man trifft sich auf den Friedhöfen, kommt ins Gespräch und nutzt die Flächen als Park- und Erholungsgebiete. In diesem Sinne sind die Friedhöfe mit einer Gesamtfläche von rund 154 Hektar auch wichtige grüne Lungen unserer Stadt. Außerdem haben die Friedhöfe auch eine kulturgeschichtliche Bedeutung, denn auf ihren Flächen befinden sich viele Denkmäler wie beispielsweise die „Millionenallee“ oder die Grabstätte der Familie Engels in Unterbarmen. Diese erzählen von der Entwicklung und Geschichte der Industriestadt Wuppertal. Nicht zu vergessen ist die Bedeutung der Friedhöfe für den Naturschutz, zum Beispiel auch als Ort der Biodiversität. Auf unseren Friedhofsflächen leben viele Insekten, Vögel und andere Tiere. Also haben sie die Auszeichnung wirklich verdient.

Vor welchen Herausforderungen stehen die Friedhöfe?

Schellenberg: Die Bestattungskultur erlebt in den vergangenen Jahrzehnten einen dramatischen Wandel. Die freien Flächen nehmen immer weiter zu. Das liegt auch an dem Anstieg der Urnenbeisetzungen, die mittlerweile rund 72 Prozent aller Bestattungen ausmachen und daran, dass die pflegefreien Gräber immer beliebter werden. Die Menschen wollen zwar ein Grab für ihre Angehörigen, zu dem sie kommen können, aber weil sie weit weg wohnen oder keine Zeit haben, sich um das Grab regelmäßig und dauerhaft über Jahre und Jahrzehnte zu kümmern, wählen sie die pflegefreie Variante. Dadurch dass immer mehr freie Fläche zur Verfügung steht, wird auch die Aufenthaltsqualität immer wichtiger. Die Bürger sehen den Friedhof zunehmend auch als Park an. Für uns als Friedhofsverband ist das natürlich ein enormer wirtschaftlicher Drahtseilakt: Denn wir müssen die Fläche in dem entsprechenden Zustand erhalten.

Vor diesen Herausforderungen stehen ja sicherlich bundesweit alle Friedhöfe. Was ist denn ein Wuppertaler Alleinstellungsmerkmal?

Schellenberg: Es ist sehr ungewöhnlich, dass eine Stadt so viele Friedhöfe hat wie wir in Wuppertal. Es gibt nur einen kommunalen Friedhof. Dafür aber 24 evangelische und 14 katholische Friedhöfe, die bis auf zwei Friedhöfe alle von uns vom Evangelischen Friedhofsverband verwaltet werden. Das ist in keiner anderen Stadt so.

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