Campus Wuppertal Wuppertaler Forscher dehnen Suche nach Urknall-Teilchen am Südpol aus

Wuppertal · Wissenschaftlerin Anna Pollmann von der Bergischen Universität fährt wieder zum Südpol. Sie sucht dort nach seltenen Partikeln, die bisher nur in der Physik-Theorie existieren.

 Anna Pollmann mit einer Sonde, die tief ins Eis am Südpol eingelassen wird, um zu messen, wie Eis auf bestimmte Teilchen reagiert.

Anna Pollmann mit einer Sonde, die tief ins Eis am Südpol eingelassen wird, um zu messen, wie Eis auf bestimmte Teilchen reagiert.

Foto: Fischer, Andreas (f22)

Nach dem Südpol ist vor dem Südpol. Dr. Anna Pollmann, Astroteilchenphysikerin an der Bergischen Universität, sucht nach Teilen, die es in der Theorie geben muss, die aber bisher nicht nachgewiesen wurden. Sie tut das am Südpol und in Wuppertal. Und wenn sie und ihre Mitarbeiter fündig würden, könnte das Aufsehen erregen.

Im vergangenen November war Pollmann für vier Wochen am Südpol – am Teilchendetektor namens „IceCube“, englisch für Eiswürfel, der aus 86 2,5 Kilometer tiefen Löchern besteht, in denen jeweils 60 Sensoren stecken. Die messen Teilchen aus dem All, die durch das Eis fliegen. Eigentlich Neutrinos. Aber Pollmann sucht etwas anderes. Magnetische Monopole – und seit dem vergangenen Besuch des ewigen Eises auch sogenannte Q-Balls - Überbleibsel vom Urknall.

Die Physiker aus Wuppertal haben im Labor festgestellt, dass Eis leuchtet, wenn es mit diesen Teilen in Berührung kommt. Ein feines Licht, eine Lumineszenz. Deswegen war Pollmann am Südpol, sie hat in einem Loch von 1,5 Kilometern Tiefe – einen Kilometer vom Ice Cube entfernt – gemessen, wie das Eis in der Tiefe dort auf Teilchen reagiert, welche Eigenschaft es dort hat. Die Daten hat Pollmann dann in den „IceCube“ eingepflegt – mit ihnen wird bereits gemessen. Also nach den Teilen gesucht.

Zumindest theoretisch. Denn Pollmanns Kollegen, der Doktorand Frederik Lauber und die Master-Studentin Sarah Pieper, suchen gerade noch „blind“. Sie dürfen nur in Simulationen suchen. Denn bevor sie tatsächliche Messdaten bekommen, müssen sie erarbeiten, welche Reaktionen sie von den gesuchten Teilchen erwarten. Sie arbeiten sich dafür durch Physiktheorie und müssen bewerten, welche angenommenen Eigenschaften sie am plausibelsten finden und diese dann zur Grundlage der Suche machen. Fleißarbeit. Pollmann erzählt, dass Pieper ein halbes Jahr nur gelesen habe, bevor sie überhaupt angefangen habe, das Suchprogramm zu schreiben.

Wenn das steht – mit allen relevanten Parametern – werden Gutachter die Arbeit kontrollieren. Erst dann darf das Team an die echten Daten und tatsächlich suchen, was die Theoretische Physik für ziemlich sicher hält. Dann dürfte es schnell gehen, sagt Pollmann, dann dürften die Programme des Teams innerhalb weniger Wochen die Daten aus mehreren Jahren durchforstet haben.

Gleichzeitig bereitet Pollmann ihren zweiten Besuch am Südpol vor. Sie will weitere Probemessungen machen. Denn beim letzten Mal hat sie nur zwei durchführen können. Eine Leermessung, bei der das Gerät geeicht wurde – „Die Sensoren zeigen auch bei absoluter Dunkelheit noch 20 Lichtteilchen pro Sekunde an. Das müssen wir wissen, um diese abziehen zu können“, erklärt sie. Man darf sich das vorstellen wie bei der Küchenwaage, wenn man die Schüssel darauf stellt und dann die Waage auf Null stellt. Bei der richtigen Messung wurden die Eigenschaften des Eises mit Hilfe radioaktiver Teilchen überprüft – an bisher drei verschiedenen Punkten bis 1600 Meter Tiefe im Eis. So hat man herausgefunden, wie das Eis auf bestimmte Teilchen reagiert und abgeleitet, wie es auf die gesuchten reagieren soll.

Bei der kommenden Reise im November will Pollmann deutlich mehr Punkte im Eis untersuchen und so die Messungen genauer machen. Denn die Eigenschaften des Schnees und damit dessen Fähigkeit zur Lumineszenz können stark variieren. Außerdem habe man die Sonde nochmal verbessert, könne genauer messen. Damit soll auch die Wahrscheinlichkeit steigen, die seltenen Teilchen zu finden.

Denn trotz aller Theorien sei nicht abzusehen, so Pollmann, wie viele dieser Teilchen es gibt. „Bis wir sie messen, kann es ein Jahr dauern, oder 100“, sagt die Forscherin. Wenn die Magnetischen Monopole und die Q-Balls aber nachgewiesen werden können, kann das großen Einfluss auf die Physik haben. „Das würde die Theorien zum Urknall deutlich einschränken“, sagt Pollmann, „und viel über die Entstehung des Weltalls und über die kleinsten Teilchen verraten.“

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort