Krise wird uns noch lange beschäftigen Wuppertaler Dezernent Kühn kennt viele „Helden der Krise“

Wuppertal · Vom Gesundheitsamt bis zum Jobcenter müssen sich Mitarbeiter in Wuppertal auf neue Bedingungen einstellen.

 Abstand halten - und weiter arbeiten. Bei der Stadtverwaltung gibt es viele systemrelevante Aufgaben.

Abstand halten - und weiter arbeiten. Bei der Stadtverwaltung gibt es viele systemrelevante Aufgaben.

Foto: dpa/Sebastian Gollnow

Stefan Kühn, Dezernent für Soziales, Jugend, Senioren, Schule und Gesundheit, hat in allen seinen Bereichen mit dem Kampf gegen die Corona-Pandemie zu tun. Und freut sich, dass alle an einem Strang ziehen.

Viele „Helden der Krise“, wie er sie nennt, arbeiteten im Gesundheitsamt. Dort gibt es inzwischen nur noch ein Arbeitsfeld: den Kampf gegen das Coronavirus. Alle anderen Bereiche wie etwa Schuleingangsuntersuchungen sind ausgesetzt. Normalerweise gehören 60 bis 70 Mitarbeiter zum Stab, jetzt sind dort 110 Menschen beschäftigt. Es helfen weitere Stadtmitarbeiter und Medizinstudenten, insbesondere beim Aufspüren von Kontaktpersonen Infizierter und der Entscheidung über nötige Maßnahmen für sie.

Trotz der Personalaufstockung arbeiteten viele Mitarbeiter bereits an der Grenze ihrer Kapazitäten. „Wir müssen jetzt weg von den Sechs- und Siebentagewochen“, sagt Kühn. Denn: „Wir müssen die Arbeit auf viele Wochen anlegen.“

 Stefan Kühn

Stefan Kühn

Foto: Fries, Stefan (fri)/Fries, Stefan (fr)

Die Infektionszahlen in Wuppertal beobachtet er genau. Und warnt: „Man darf bitte nicht glauben, wir seien über den Berg.“ Ihn interessiert nicht nur, wie viele Infizierte es in der Stadt gibt, sondern auch, was für welche. Denn was ihn besonders beschäftigt, ist der Schutz der älteren und pflegebedürftigen Menschen.

3600 Wuppertaler lebten in Altenheimen, 4000 würden durch Pflegedienste versorgt. Diese Menschen gehören fast alle zu den Hochrisikogruppen. „Da geht es darum, wie kann man die Einrichtungen vorbereiten, wie kann man noch mehr Schutz erreichen.“ Das Besuchsverbot in Altenheimen zum Schutz der Bewohner führe auch zu ethisch schwierigen Fragen – wenn alte Menschen keinen Besuch von Angehörigen mehr erhalten können.

„Die Krise wird uns noch Wochen und Monate beschäftigen

Weil in Heimen und bei Pflegediensten bisher Schutzkleidung fehlte, ist Kühn dankbar, dass jetzt 60 000 FFP2-Masken angekommen sind, 50 000 davon seien an Heime und Pflegedienste verteilt worden. In den nächsten Tagen würden noch einmal 70 000 Masken erwartet. „Außerdem sind wir im Gespräch mit Herstellern, die Masken in NRW produzieren wollen“, sagt er. Denn die Stadt wolle einen Vorrat für sechs Wochen anlegen.

Um für eine Verschärfung der Krise vorbereitet zu sein, gebe es Pläne, zusätzliche Pflegeplätze in Heimen zu schaffen, wenn in anderen Häusern Bereiche geschlossen werden müssen. Und sie suchten Freiwillige mit medizinischen und pflegerischen Vorkenntnissen, um das Pflegepersonal zu unterstützen. Erste zwanzig Interessenten haben sich gemeldet.

Auch das Jobcenter habe sich komplett umstellen müssen. Zu den bisherigen Kunden werde nur noch telefonisch Kontakt gehalten. Dazu kämen neue Kunden, die durch die Maßnahmen zur Eindämmung der Pandemie Unterstützung brauchen. Zum Glück seien einige Regeln vorübergehend ausgesetzt: „Der Künstler, der keine Einnahmen mehr hat, muss jetzt nicht seine Wohnung aufgeben, weil die nach den Regeln für Hartz IV zu groß ist“, so Kühn.

Im Blick hat er auch die Obdachlosen, für die neue Angebote geschaffen wurden, das Ressort Zuwanderung, wo etwa trotz Kontaktverbot Aufenthaltstitel verlängert werden, die Kinder- und Jugendwohngruppen, in denen die Erzieher die jungen Bewohner ohne Schule den ganzen Tag beschäftigen müssen, das Frauenhaus, in dem eine erhöhte Nachfrage wegen häuslicher Gewalt befürchtet wird.

Diese Sorge bezieht sich auch auf Kinder in belasteten Familien, bei denen Unterstützung etwa durch Erziehungshilfen schwieriger ist. Deshalb wurde für 40 Kinder aus solchen Familien die Notbetreuung in Schulen und Kitas erlaubt.

Inzwischen werden 430 Kinder in Kitas betreut, 100 Kinder an Grundschulen. Damit ist die Zahl der Kinder in Notbetreuung gestiegen. Aber im Verhältnis zu insgesamt 12 000 Kitakindern sei die Zahl von 430 in der Notbetreuung gering, so Kühn.

Überall sieht er engagierte Mitarbeiter: „Ich bin beeindruckt, was die Kollegen derzeit leisten. Es ist schön zu sehen, wie viele ihr Bestes geben.“ Jetzt gehe es darum, in allen Bereichen weiter gut zusammenzuarbeiten, um Gesundheit und Leben möglichst vieler Menschen zu schützen. „Die Krise wird uns noch Wochen und Monate beschäftigen.“

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