Wichernhaus Arbeitslose bekommen zweite Chance mit Tarifbezahlung

Wuppertal · Wichernhaus, Jobcenter und Arbeitsagentur kooperieren.

 Christian Röll an seinem neuen Arbeitsplatz.

Christian Röll an seinem neuen Arbeitsplatz.

Foto: Schwartz, Anna (as)

Christian Röll arbeitet in einem alten Backsteingebäude im Hinterhof an der Gewerbeschulstraße. In den Hallen des Hauses lernt er „Maschinen- und Anlagenführer Textiltechnik“. Ein Beruf, der wie kaum ein anderer zu Wuppertal passt. Dabei hatte sich Röll (27) den Job erst einmal gar nicht ausgesucht.

Nach der Schule hatte er eine Ausbildung zum Maler und Lackierer gemacht, aber schon währenddessen gemerkt, dass das nichts für ihn ist. Stattdessen hat er als ungelernter Hilfsarbeiter in der Metallindustrie gearbeitet – unregelmäßig, immer nur mit Mindestlohn. „Das geht, wenn man jung ist“, sagt er. „Aber irgendwann muss man sich Gedanken über die Zukunft machen“. Und so kam die Umschulung im Qualifizierungszentrum (QZ) Textil des Wichernhauses genau passend.

Das Projekt ist neu. Das Wichernhaus als Weiterbildungsträger arbeitet dabei mit der Zeitarbeitsagentur Start NRW zusammen. Die stellt die Teilnehmer mit unbefristeten Tarifverträgen ein – bezahlt von Arbeitsagentur und Jobcenter, die die Teilnehmer eben auch vorschlagen und vermitteln.

Auch die Einrichtung ist neu. Denn bis vor einem Jahr hat das Ausbildungszentrum der Textilwirtschaft noch die Räume genutzt, ist dann aber nach Mönchengladbach gezogen. Das Wichernhaus konnte die Räume samt Maschinen und Ausbildungsleiterin übernehmen.

Elf Teilnehmer sind in der im Oktober gestarteten Pilotphase dabei – darunter Röll als „Nesthäkchen“ und vier Frauen. Für Regine Widmayer-Wagner, Geschäftsführerin des Wicherhauses, eine der Besonderheiten. Bisher lernten wenige Frauen technische Berufe, obwohl es seit Jahrzehnten Anstrengungen gebe, das zu ändern. Die Quote hier sei „erstaunlich“, sagt sie. Und die komme eben auch über den Zugang. Denn die Interessenten würden nicht nur mündlich angeworben, sondern dürften auch vier Wochen reinschnuppern, die Umschulung erst einmal testen.

Röll hat das auch gemacht. Und auch wenn er lieber etwas mit Metall machen würde, sieht er sich doch in einem guten Umfeld, in einem Job, der Spaß mache und zukunftssicher sei. „Ich denke, Textil hat bessere Chancen als Metall. Gerade was Nachhaltigkeit angeht“, sagt er.

Dass die Chancen gut stehen, dass die elf Umschüler einen Job finden, sieht auch Andrea Milunovic so, Ausbildungsleiterin in QZ. Sie hat schon im Ausbildungszentrum der Textilwirtschaft gearbeitet, insgesamt 28 Jahre – und kennt die Betriebe und Bedarfe. Sie will gezielt vermitteln.

Und wer keine Stelle bekommt, bleibt bei Start NRW angestellt, versichert Christine Grünewald, Niederlassungsleiterin Wuppertal.

Das Projekt wurde auf Grundlage des Qualifizierungschancengesetzes gestartet, das Anfang des Jahres in Kraft getreten ist.

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