Wuppertaler Ärzte helfen: Sehend zurück nach Eritrea

Die Hilfsorganisation „Weiterleben“ hat einem fast blindem Pastor eine Operation in Deutschland ermöglicht.

Wuppertal. Es war bitter für Hanna Stieglitz. Als der Hilferuf eines Freundes aus Eritrea kam. „Bitte helft mir, ich bleibe sonst blind“ — diese Bitte musste die Vorsitzende der Wuppertaler Hilfsorganisation „Weiterleben“ schweren Herzens absagen. „Es wäre naiv und unfair gewesen, ihn nach Deutschland zu holen, denn mir fehlten die Kontakte zu Ärzten und das Geld für eine Augenoperation“, erzählt die 72-Jährige. Auch fehlte eine Unterkunft für den Pastor aus einem eritreischen Waisenhaus und Ärzte für die Nachsorge. „Es schien ausweglos“, erinnert sich Stieglitz.

Seit 30 Jahren kennt Hanna Stieglitz den Pastor, der aufgrund der politischen Situation in Eritrea nicht namentlich genannt werden möchte. Im Rahmen ihrer Eritrea-Hilfe hat sie mit ihm zusammengearbeitet. 1980 begann Hanna Stieglitz damit, eritreischen Flüchtlingen in Wuppertal zu helfen: Mit Kleidung, Essen und Deutsch-Unterricht. Die Arbeit weitete sich immer mehr aus, 2000 gründete die Wuppertalerin den Verein „Weiterleben“, der Notleidende in Eritrea unterstützt, mit besonderem Augenmerk auf Waisenkinder.

Und nun bat ausgerechnet einer ihrer helfenden Hände und aufopferungsvollen Mitarbeiter vor Ort um Hilfe. „Durch Diabetes war er fast erblindet, noch drei Prozent Augenlicht blieben ihm“, erzählt Hanna Stieglitz. Der so lebensfrohe Mensch zog sich immer mehr zurück, wurde depressiv. Die Geschichte machte in Wuppertal die Runde, dem Verein kamen zwei große Spenden zur freien Verfügung zu und damit war Geld da, um den 62-Jährigen nach Deutschland zu holen. „Es war ein Glücksmoment für uns“, sagt Stieglitz. Die nächsten Hürden wurden ebenfalls gemeistert: Ein Arzt aus der Dortmunder Augenklinik bot an, honorarfrei zu operieren. Die Wuppertaler Augenärzte Manfred Herwig, Eckhard Lapp und Frank Michael Blazey übernahmen kostenlos die Nachversorgung. „Es ist ein Segen, dass es so hilfreiche Menschen gibt“, sagt Stieglitz mit leuchtenden Augen.

Hanna Stieglitz musste ihrem eritreischen Freund zunächst die Hilfe versagen, weil ihrem Verein die Mittel und Kontakte zu Ärzten fehlten.

Die Operation war ein Erfolg: Die Skepsis der Ärzte, ob der eritreische Patient überhaupt wieder richtig sehen könnte, wich der Begeisterung. Das Augenlicht erholte sich immer mehr. Doch noch vor der Rückkehr nach Eritrea ereilte den Pastor die nächste Krankheit. „Als ihm kostenlos ein Hörgerät von Geers angepasst werden sollte, entdeckte ich einen schwarzen Fleck in seinem Ohr“, erzählt die unermüdliche Helferin. Untersuchungen ergaben, dass es sich um einen Tumor handelte, der entfernt werden musste. Auch diesmal sprangen Fachärzte aus Dortmund für die Operation ein.

Sechs Wochen lang wurde der eritreische Pastor in Deutschland medizinisch versorgt — und liebevoll umsorgt. „Familie Amine, Freunde von uns, die ebenfalls aus Eritrea kommen, haben den Patienten die ganze Zeit bei sich aufgenommen und ihn umsorgt“, sagt Stieglitz dankbar. Die 72-Jährige, deren Gesundheit auch nicht mehr die beste ist, hätte das nicht leisten können.

Im Oktober konnte der eritreischer Freund sehend und hörend in seine Heimat zurückkehren. Heute kann der zuvor fast erblindete Pastor wieder lesen und selbstständig leben. Tatkräftig hilft er wieder im Waisenhaus und ist dankbar für die zweite Chance, die er bekommen hat. „Und wir danken allen Ärzten, die so großzügig und großherzig geholfen haben, aus unserem Nein am Ende ein Ja zu machen“, sagt Hanna Stieglitz glücklich.

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