Wuppertal Darum ist die Zahl der großen Industriebetriebe gewachsen

ANALYSE Der Abwärtstrend ist gestoppt. Doch die Weltpolitik wirkt bis ins Bergische Land.

 Die Niedrigzinspolitik hat maßgeblichen Anteil am Aufschwung der Betriebe.

Die Niedrigzinspolitik hat maßgeblichen Anteil am Aufschwung der Betriebe.

Foto: dpa/Boris Roessler

Die Talsohle ist durchschritten: Die Zahl der Industriebetriebe in Wuppertal mit mehr als 20 Beschäftigen lag im vergangenen Jahr bei 190 — und damit so hoch wie seit der Weltwirtschaftskrise Ende der 2000er Jahre nicht mehr. Mit ingesamt 25 810 Beschäftigten insgesamt arbeiteten auch so viele Menschen in der Branche, wie schon lange nicht mehr. Ein Blick auf die Jahresübersicht der IHK macht aber auch deutlich, wie massiv der Rückgang vorher war.

1998 waren es noch 266 Betriebe gewesen mit 38 412 Beschäftigten. Beide Zahlen sanken in den folgenden Jahren kontinuierlich, nicht nur in Wuppertal. Im Bergischen Vergleich kam Solingen (1998:157 Betriebe und 14 489 Beschätigte. 2018: 138 / 12 259) noch glimpflich davon. Remscheid (1998: 159 / 22 435. 2018: 128 / 14 354) übertrifft prozentual gesehen bei der Beschäftigtenzahl den großen Nachbarn sogar noch. Ingesamt musste aber vor allem Wuppertal Federn lassen. Mehr als ein Viertel ihrer Industriebetriebe hat die Stadt seit 1998 verloren. Zum Vergleich: NRW-weit lag der Rückgang bei nur 1,2 Prozent.

„Es hat lange Zeit einen Deindustrialisierungstrend gegeben. Dadurch sind viele Arbeitsplätze verloren gegangen. Nach dem Ende der Weltwirtschaftskrise hat sich die Lage erfreulicherweise stabilisiert“, sagt Hagen Hintze von der IHK, mit Blick auf die positiven Entwicklung in den vergangenen Jahren. Die Weltwirtschaftskrise sei eine Zäsur gewesen.

IHK: Niedrige Zinsen
haben die Industrie angeregt

Die Niedrigzinspolitik der Europäischen Zentralbank (EZB) in der Folge habe aber dafür gesorgt, dass die Industrie wieder angeregt wurde, auch in Wuppertal. Ein Blick auf die Industrieumsätze bestätigt den Trend. Im Jahr 2018 stiegen sie um 6,4 Prozent auf 4,724 Milliarden Euro.

Was die Zahl der großen Unternehmen angehe, liege Wuppertal im Vergleich mit anderen Städten sogar über dem NRW-Schnitt. Die Chemieindustrie, die Metallproduktfertigung, die Elektroindustrie und der Maschinenbau sind nach Angaben der IHK die wichtigsten Industriezweige für den Arbeitsmarkt der Stadt Wuppertal. Hier liegen die Beschäftigtenanteile zwischen 12 und 23 Prozent.

Tragende Säule der Wirtschaftsentwicklung im Bergischen Städtedreieck ist der Export. Die Ausfuhrquote liegt mit 53 Prozent neun Prozentpunkte über dem Landesdurchschnitt, aber auch vier Punkte über dem Bundesdurchschnitt. Die Exportabhängigkeit der Bergischen Wirtschaft hat im Zeitablauf deutlich zugenommen. Die Exportquote stieg von 24 Prozent im Jahr 1977 auf 53 Prozent im Jahr 2018. In Wuppertal sind es 58 Prozent.

Ob der positive Trend anhält, bleibt allerdings abzuwarten. Angesichts von Handelskonflikten auf dem Weltmarkt, Strafzöllen, Brexit & Co. ist die Exportausrichtung auch ein Nachteil. Schon die aktuellsten Zahlen der IHK von Anfang des Jahres bis April 2019 verzeichnen einen leichten Rückgang gegenüber dem Jahresbericht, so Hintze.

Laut der Frühjahrskonjunktur-Umfage der Bergischen IHK wird allein in Wuppertal die aktuelle Wirtschaftslage etwas besser als noch zum Jahresbeginn bewertet (die WZ berichtete). In Remscheid und Solingen ging der Geschäftslageindex dagegen leicht zurück.

Wie sehr sich Brexit & Co. auf die Region auswirken, macht auch ein anderes Beispiel deutlich. Zur Unterstützung von Industrie und Wirtschaft gibt es das regionale Wirtschaftsförderungsprogramm der NRW-Bank, von dem seit einigen Jahren auch Wuppertal profitierte. Unter der Voraussetzung, dass Unternehmen ihre Produkte überregional vermarkten, gab es Zinsvergünstigungen und sogar Zuschüsse.

Die Zeichen seien sehr vage, dass es fortgesetzt werde. Laut Hintze müsse man davon ausgehen, dass das Programm ausläuft. Wenn sich Großbritannien aus der EU verabschiede, würden die Förderbereiche neu zugeschnitten.

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