Wuppertaler Staatsanwaltschaft Viel Kritik nach Tod eines 25-Jährigen in Polizeigewahrsam

WUPPERTAL · Die Wuppertaler Staatsanwaltschaft hat erst spät über den Todesfall in Polizeigewahrsam informiert. Dafür hagelt es Kritik.

 Wolf-Tilman Baumert, Sprecher der Wuppertaler Staatsanwaltschaft

Wolf-Tilman Baumert, Sprecher der Wuppertaler Staatsanwaltschaft

Foto: Fries, Stefan (fr)

Der Tod eines jungen Mannes im Polizeigewahrsam in Wuppertal schlägt hohe Wellen. Unter anderem wird kritisiert, dass die Polizei das Geschehen erst auf Nachfrage veröffentlicht. Wolf-Tilman Baumert, Sprecher der Wuppertaler Staatsanwaltschaft, erklärt sein Vorgehen mit dem Schutz der Privatsphäre.

„Für mich war das ein tragischer Todesfall eines jungen Mannes, bei dem ein Fehlverhalten von Dritten nicht ansatzweise erkennbar war.“ Er müsse zwischen dem Interesse der Öffentlichkeit und dem Schutz der Privatsphäre abwägen. In diesem Fall habe er entschieden, den Vorfall nicht von sich aus an die Presse zu geben, um die Hinterbliebenen zu schützen.

Er gebe aber gern Auskunft. Der 25-Jährige aus Straelen habe seine Schwester besucht, sei mit ihr am Abend des 31. Oktober in einem Wuppertaler Club gewesen. Auf der Heimfahrt im Taxi am nächsten Morgen sei er mit der Schwester in Streit geraten und aggressiv geworden, was sich gegenüber der herbeigerufenen Polizei fortsetzte.

Auch zur Blutprobenentnahme im Polizeigewahrsam hätten Beamte ihn festhalten müssen. Unmittelbar danach sei er mit einem Herzstillstand zusammengebrochen, die Reanimation blieb erfolglos. Die Obduktion habe keinerlei Hinweise auf Gewalt ergeben, die seinen Tod verursacht haben könnte. Am wahrscheinlichsten sei ein Herzinfarkt, der aber bei unmittelbarem Tod nicht nachgewiesen werden könne. Der junge Mann habe ein vergrößertes Herz gehabt.

25-Jähriger sei bislang nie auffällig geworden

Das Verhalten des 25-Jährigen lege eine Drogeneinnahme nahe: Er sei bisher nie auffällig geworden und habe in dieser Nacht plötzlich extrem aggressiv reagiert, sei „wie von Sinnen“ gewesen. Nach Angaben der Schwester habe er im Club LSD genommen. Der Alkoholgehalt im Blut sei mit 0,1 Promille gering gewesen. Ein toxikologisches Gutachten sei in Arbeit, könne aber Monate dauern. Gesucht wird auch die Person, die dem 25-Jährigen die Drogen gegeben hat.

Der Fall zieht Kreise, nachdem am Freitag auf einer griechischen Internetplattform ein Video von der Festnahme des jungen Mannes auftauchte, das weiterverbreitet wurde. Auf dem Video ist zu erkennen, dass Polizisten im Dunkeln jemanden auf dem Boden festhalten, dazu ist eine aufgeregte Frauenstimme zu hören. Am Wochenende veröffentlichten Polizei und Staatsanwaltschaft eine Presseerklärung.

Dieser späte Zeitpunkt sorgt für viel Kritik. Es wird Polizeigewalt vermutet, es  werden Parallelen zu anderen Todesfällen in Polizeigewahrsam gezogen. Baumert versichert, dass sie alle Auskünfte geben, er habe auch den Generalkonsul Griechenlands informiert, die Familie des Mannes stammt offenbar aus Griechenland. Er wisse auch, dass die Familie einen Anwalt beauftragt habe, der in Kontakt mit der Polizei stehe.

Inzwischen meldet sich auch die Politik zu Wort. So erklärt Hartmut Ganzke, innenpolitischer Sprecher der SPD-Fraktion im Landtag NRW: „Wir können nach dem Tod des 25-Jährigen in Wuppertal nicht einfach zur Tagesordnung übergehen. Daher fordern wir umfassende Aufklärung durch den Innenminister. Nun ist Transparenz zu den konkreten Erkenntnissen entscheidend.“

Jules El-Khatib, stellvertretender Sprecher der Partei Die Linke NRW, fordert eine Untersuchung durch eine unabhängige Kommission, nicht durch ein anderes Polizeirevier. Die Ermittlungen hat aus Neutralitätsgründen die Polizei Hagen übernommen. Nina Eumann, Landessprecherin der Linken, findet es einen „Skandal“, „dass der Fall nicht umgehend veröffentlicht wurde. Ein Todesfall unter diesen Umständen muss immer sofort publik gemacht werden, mitsamt der Hintergründe der Festnahme und, sobald sie vorliegen, den Ursachen des Todes.“

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort