Analyse: Städtische Projekte enden in manchen Fällen vor Gericht Bei jedem Bauprojekt gibt es Mängel, Prozesse nur manchmal

Bei der Mauer am Döppersberg hat die Stadt viel zu kritisieren: Nach einem Gutachten sind falsche Steine falsch eingebaut worden, deshalb ist die Mauer nicht frostsicher und kann Passanten gefährden. Jetzt geht es darum, dieses Problem zu lösen – ob gütlich oder per Prozess, steht noch nicht fest.

 Das Justizzentrum in Wuppertal.

Das Justizzentrum in Wuppertal.

Foto: dpa/Bernd Thissen

Bei der Mauer am Döppersberg hat die Stadt viel zu kritisieren: Nach einem Gutachten sind falsche Steine falsch eingebaut worden, deshalb ist die Mauer nicht frostsicher und kann Passanten gefährden. Aus Sicht der Stadt sind die Bauunternehmen dafür verantwortlich, die als Arge Wittfeld/MBN den Döppersberg-Umbau übernommen hatten. Jetzt geht es darum, dieses Problem zu lösen – ob gütlich oder per Prozess, steht noch nicht fest.

Zunächst habe die Stadt eine Mängelanzeige gemacht, erklärt Olaf Radtke, Leiter des Rechtsamts, zudem habe sie ein Sanierungskonzept gefordert und eine Abstimmung darüber, wie die Mauer gesichert werden kann. Es komme nun darauf an, wie die Arge darauf reagiert.

Der aktuelle Konflikt um die Mauer falle schon aus dem Üblichen heraus, aber insgesamt seien Mängel bei Bauprojekten und anschließende Prozesse „nichts Besonderes“, so Radtke. Die Stadt habe dafür ihre Kapazitäten ausgebaut: „Als ich 2002 in Wuppertal anfing, war ich der einzige Jurist im Rechtsamt. Heute sind es fünf – zum Teil in Teilzeit.“ Das liege einerseits daran, dass Ausschreibungen rechtlich anspruchsvoller werden, aber auch daran, dass Handwerker, Architekten und Bauunternehmern inzwischen renommierte Anwaltskanzleien beauftragen. Da habe die Stadt „Waffengleichheit hergestellt“.

Auseinandersetzungen begleiten Radtke seit seinem Start in Wuppertal. „Als ich 2002 anfing, musste ich sofort Vergleichsverhandlungen führen.“ Damals ging es um das einige Zeit zuvor neu gebaute Elefantenhaus im Zoo, durch dessen Dach Feuchtigkeit kam. Ursache sei die Länge der Nägel gewesen, mit denen die Dachpappe befestigt war. Sie hätten die darunterliegende Folie beschädigt, so dass mit der Zeit Wasser durchsickerte, so Radtke. Die Stadt habe bei der Reparatur Verbesserungen vorgenommen, man stritt sich, wer welche Kosten übernehmen muss. Am Ende habe die Stadt 300 000 Euro erhalten.

Der Streit um die Turnhalle an
der Gathe dauerte 15 Jahre

Als weiteren Streit hat Radtke den um die Sporthalle an der Gathe in Erinnerung. Auch da ging es um Wasser. Drei Tage nach der Abnahme wurde es in den Bodenhülsen für die Volleyballstangen entdeckt. „Damals gab es viele beteiligte Gewerke“, so Radtke, „das machte es kompliziert“. Das Wasser kam aus dem Hang und drückte ins Gebäude. Auch hier stritt man sich, welche Reparaturen notwendig waren. Der Prozess dauerte 15 Jahre, aber mit dem Ergebnis sei Radtke „sehr zufrieden“ gewesen.

Manchmal geht es nur um kleine Dinge. Bei einer Schulsanierung hätten sie bei der Abnahme geprüft, ob hinter der Fußleiste die Fuge wie verlangt mit Silikon abgedichtet war. Weil die Dichtung an der Stelle fehlte, entfernten sie alle Leisten – insgesamt 980 Meter – zur Frustration der Schulleitung. Als überall das Silikon fehlte, hätten sie die Kosten dafür erfolgreich eingeklagt. „Seitdem sehen wir überall genau hin“, so Radtke.

Auch für Hans-Uwe Flunkert, Leiter des Gebäudemanagements, gehören Mängel bei Bauprojekten dazu. „Fehler passieren“, sagt er. Bau-Abläufe seien kompliziert, „das ist keine exakte Mathematik“. Es sei nicht die Regel, dass es zum Prozess kommt, sagt er. Aus seiner Sicht sind die Juristen der Stadt auch nicht dazu da, Prozesse zu führen, sondern dafür, zu beraten, damit es nicht zum Prozess kommt. Dazu trage bei, wenn die Aufträge präzise formuliert sind, so dass man im Konfliktfall darauf verweisen kann. Die Prozesse, die er geführt habe – rund eine Dutzend, schätzt er – habe er aber alle gewonnen.

Ohne Prozess wurde ein Problem gelöst, das ihn einst sehr ins Schwitzen brachte und das er so schildert: Vier Tage vor der Neueröffnung des sanierten Opernhauses kam der neue Teppichboden für den ersten Stock. Doch nach dessen Verlegung schlossen die Brandschutztüren nicht mehr. Der Flor des Teppichs war zwei Millimeter zu hoch. Auf seine Beschwerde bei der zuständigen Vorwerk-Niederlassung in Hannover hin hieß es, ein neuer Teppich komme in sechs Wochen. Weil die Brandschutztüren nicht schlossen, konnte so lange das Haus nicht in Betrieb gehen – die feierliche Eröffnung war in Gefahr. „Damals war mir sehr komisch zumute, sagt Flunkert. Er bat den späteren Bundestagsabgeordneten und Vorwerk-Mitarbeiter Jürgen Hardt um Hilfe, der sagte nur: „Ich telefoniere mit Dr. Jörg.“ Vorwerk-Chef Jörg Mittelsten Scheid sorgte dann dafür, dass Flunkert eine halbe Stunde später die Zusage hatte, dass der Teppich am nächsten Tag kommt.

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