Wuppertaler Geschichte Wuppertal und die Erfindung der Urbanität

VHS-Fachbereichsleiter Detlef Vonde über die Entwicklung der Infrastruktur im Tal.

Wuppertaler Geschichte: Wuppertal und die Erfindung der Urbanität
Foto: A. Hammer

Wuppertal. Immer mehr Menschen zieht es künftig (zurück) in die Stadt. Hier will man leben und arbeiten. Das ist der demografische Trend des Augenblicks. Die Urbanität moderner Städte erscheint uns heute geradezu als anziehend attraktive Selbstverständlichkeit. Dabei ist deren Erfindung noch gar nicht so lange her. Die Städte an der Wupper spielten in diesem historischen Modernisierungsprozess einst eine wichtige Rolle. Die zugewanderten Menschenmassen im 19. Jahrhundert benötigten Wohnungen, Schulen, Krankenhäuser, Wasser, Energie, Hygiene, Versorgung und Entsorgung.

Die Herausforderungen durch den massiven Zustrom nach den Städten waren enorm. Die daraus entstehenden Probleme auch. Sie bildeten sich in den zum Teil elenden Wohn- und Lebensverhältnissen der Arbeiterschaft oder in grassierenden Krankheitswellen ab, als noch in den 50er und 60er Jahren beinahe 2000 Menschen in Barmen und Elberfeld an Cholera-Epidemien starben.

In den größeren Städten vollzog sich in den Jahrzehnten zwischen 1870 und dem Ersten Weltkrieg ein geradezu rasanter Ausbau der kommunalen Leistungsverwaltung, die von der Neuentwicklung technischer Ver- und Entsorgungssysteme, der Hygiene und des Gesundheitswesens profitierte. Zeitgenossen diskutierten diesen Trend unter dem Stichwort Munizipalsozialismus. Das hatte mit Sozialismus wenig zu tun, sondern eher mit der systemstabilisierenden Vorstellung von Gemeinwohl durch öffentliche Daseinsvorsorge.

Elberfeld und Barmen kam in diesem Urbanisierungsprozess eine Pionierrolle zu. Die Wasserversorgung realisierte man schon früh aus Talsperren in städtischer Regie. Regenwasser- und Schmutzwasserkanäle führten beiderseits der Wupper entlang: Arbeiten, die in Elberfeld 1889 abgeschlossen, in Barmen 1890 begonnen wurden. Auch in Sachen Energieversorgung zählten beide Städte neben Berlin zu den ersten in Deutschland, die über eigene Gaswerke (1837/46) verfügten. 1887 erhielten Elberfeld, ein Jahr später Barmen schließlich die ersten kommunalen Elektrizitätswerke, die in Preußen eingerichtet wurden.

Der Durchbruch zum echten urbanen Modernisierungszentrum aber gelang insbesondere in der Verkehrstechnik: Das Straßenbahnnetz Barmen/Elberfeld zählte zum viertgrößten im Deutschen Reich. In Barmen fuhr seit 1894 der Prototyp einer Zahnrad-Bergbahn. Und schließlich die Schwebebahn. Die Doppelstadt an der Wupper galt als modern und innovativ, mit anderen Worten als urban.

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