Bildung Jugendliche testen Haftzellen im Landgericht

Wuppertal · Am Gymnasium am Kothen lernen Schüler in der Rechtskunde AG das Justizsystem kennen.

 Rechtspflegerin Katharina Kostkowski bringt Jugendlichen das Rechtssystem näher.

Rechtspflegerin Katharina Kostkowski bringt Jugendlichen das Rechtssystem näher.

Foto: Fries, Stefan (fri)

„Hätten die Zeugen nicht nachweisen müssen, dass sie einen Schaden hatten?“, fragt Phillip (15). Er hat Zweifel an der Arbeit des Verteidigers. Gerade hat er mit drei Mitschülerinnen eine Gerichtsverhandlung im Amtsgericht besucht. Das ist Teil ihrer Rechtskunde AG am Gymnasium am Kothen.

In der besuchten Verhandlung wollten Nachbarn Schadenersatz, weil bei Renovierungsarbeiten im Haus gefährliche Stoffe freigeworden seien. Die Schüler diskutieren über die Verhandlung. Und haben viele Fragen an Katharina Kostkowski. Die Rechtspflegerin leitet die Rechtskunde AG und versucht, alles zu beantworten.

Aber viel Zeit bleibt in diesem Moment nicht, denn es folgt schon die nächste Anschauungsunterricht: Sie dürfen den Hafttrakt im Gerichtszentrum besichtigen. Mario Nisi, Leiter der Wachtmeisterei, führt die Schüler durch den besonders gesicherten Bereich. Sie sehen die Zellen, in denen Häftlinge auf ihre Verhandlung warten. „Hier hat man ja noch nicht einmal einen Blick auf einen Hof“; stellt Philipp fest. Er bekommt zur Demonstration dann auch noch eine Fußfessel und Handschellen angelegt. „Jetzt könntest du mich nicht mehr treten“, macht Mario Nisi deutlich.

Einige Teilnehmer wollen
später in der Justiz arbeiten

Die Jugendlichen sind interessiert am Thema Recht, zum Teil, weil sie später in dem Bereich arbeiten wollen: „Ich interessiere mich schon seit der siebten Klasse für juristische Berufe“, sagt Amelie (15). Philipp zieht das ebenfalls in Erwägung. Und Amira (15) weiß sogar schon, dass sie werden will: „Wenn es klappt, will ich Staatsanwältin werden.“

Insgesamt elf Doppelstunden umfasst die Rechtskunde AG. Rechspflegerin Katharina Kostkowski (28) hat diese Aufgabe ehrenamtlich übernommen. „Ich biete den Jugendlichen damit Berufsorientierung“, erklärt sie. Sie will den Jugendlichen zeigen, welche Berufe es in der Justiz gibt. Aber auch, wo im Alltag ihnen das Thema Recht begegnet – von Mietrecht bis Sorgerecht.

Wie sie übernehmen auch Richter, Rechtsanwälte oder Staatsanwälte diese Aufgabe. 19 solcher AGs für das achte oder neunte Schuljahr gab im vergangenen Schuljahr in Wuppertal, acht im laufenden Halbjahr. Das Landgericht, das die AGs koordiniert, will das Angebot noch ausbauen. Für die Inhalte gibt es einen Leitfaden vom Justizministerium. In einem freiwilligen Seminar bekommen die Rechtskunde-Dozenten Tipps von erfahrenen AG-Leitern.

Katharina Kostkowski hat den Schülern zunächst das Bürgerliche Recht nähergebracht: – welche Rechte die Jugendlichen in welchem Alter haben.“ Die AG-Teilnehmer fanden interessant, dass jeder Kauf einem Vertrag zugrundeliegt. „Danach kommt Strafrecht“, sagt Katharina Kostkowski. „Das interessiert am meisten.“ Sie als Rechtspflegerin biete den Gerichtsbesuch an. Andere AG-Leiter lassen die Jugendlichen zum Beispiel bei der Polizei hinter die Kulissen blicken. Als weitere Themen stehen Testamente, Familienrecht und der Umgang der Justiz mit Rechtsextremismus auf dem Plan.

Die Rechtspflegerin freut sich, wenn die Schüler nachfragen. „Ich merke so, dass sie Interesse haben. Für mich ist es ein Erfolg, wenn sie so viele Fragen stellen, dass ich sie nicht beantworten kann. Das macht richtig Spaß.“

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