Ex-Bundespräsident Wie Johannes Rau die Entstehung der Uni Wuppertal möglich machte

Wuppertal · Wuppertal und das Bergische Land gehörten einst zu den deutschen Städten und Regionen, die weder eine Universität noch einen Bischofssitz oder eine Residenz von weltlichen Fürsten beherbergten.

 Die Schlüsselübergabe an der Uni im Jahr 1977 mit Johannes Rau, Rainer Gruenter und Friedrich Halstenberg (v.l.n.r.).

Die Schlüsselübergabe an der Uni im Jahr 1977 mit Johannes Rau, Rainer Gruenter und Friedrich Halstenberg (v.l.n.r.).

Foto: Bergische Universität Wuppertal/Rainer Haldenweg

Als eine Ideenschmiede Europas erlangten sie aber dennoch wirtschaftlichen und politischen Einfluss für Jahrhunderte, über den eigenen Einzugsbereich hinaus. Alles, was die Bergischen erreicht haben, mussten sie sich mit Fleiß, Kreativität, Innovationen, unternehmerischem Mut und exzellenten Fachkenntnissen ausschließlich selbst erarbeiten – mit Produkten auf Weltniveau.

Ausruhen durften sich die Menschen im Tal der Wupper wie alle Bergischen nie. Mit bodenständigem Stehvermögen blieben sie nachhaltig neugierig, wissensdurstig und weltoffen. Diese nie nachlassende Suche nach immer neuen besten Ideen zur Gestaltung der Zukunft wurde zum idealen Nährboden für die Gründung der Bergischen Universität. Verbürgt sind Zitate, die Arbeiter- und Industriestadt Wuppertal sei intellektuell schon immer eine Universitätsstadt ohne Universität gewesen.

Bergische Universität Wuppertal: Rau war der richtige Mann zur richtigen Zeit

Das änderte sich erst mit Johannes Rau. Die seit Generationen schwelende Sehnsucht aller Bergischen, mit einer Universität die Bildungschancen ihrer jungen Menschen gerade aus finanziell nicht begüterten Familien zu verbessern, brauchte jemanden, der auf der politischen Karriereleiter hoch aufstieg, diese Sehnsucht verinnerlicht hatte, geniale kommunikative Fähigkeiten besaß und genau in jenem Moment – Kopf und Kragen riskierend – am richtigen Platz zur richtigen Zeit die Entscheidung treffen konnte.

Johannes Rau veränderte als Wissenschaftsminister die nordrhein-westfälische Bildungslandschaft. Arbeiterkinder sollten die gleichen Aufstiegschancen haben wie der Nachwuchs von Akademikern. Sein Programm, ursozialdemokratisch, war die Gründung von regional aufgestellten Gesamthochschulen. Eine davon sollte in Wuppertal entstehen.

Doch genau diesem Standort verweigerte der damalige NRW-Ministerpräsident Heinz Kühn (SPD) seine Zustimmung. Doch Johannes Rau hatte vorgebaut, sich durch persönliche Gespräche die Zustimmung für Wuppertal bei der überwiegenden Mehrheit seiner SPD-Fraktion gesichert. Als er die Standorte der neuen Gesamthochschulen verkündete, fügte der Wissenschaftsminister Wuppertal hinzu. Dann fuhr er sofort zu Heinz Kühn. Er machte ihm klar, dass die Fraktion, von der auch der Ministerpräsident abhängig war, Wuppertal mittrug. Mit der Faust in der Tasche hat Heinz Kühn diese für ihn überraschende Wendung akzeptiert. Doch er war nachtragend. Als er sich Jahre später zum Rücktritt entschloss, empfahl er als seinen Nachfolger nicht den Wissenschaftsminister, sondern seinen früheren Stellvertreter Minister Diether Posser.

Doch auch in diesem Fall stimmte die SPD-Fraktion für Johannes Rau. Er wurde als nordrhein-westfälischer Ministerpräsident zur Legende, regierte als Landesvater so lange wie kein anderer, wurde mit heute nicht mehr denkbaren Wahlergebnissen immer wieder bestätigt.

Bildung in Wuppertal: Die Bergische Universität genießt einen hervorragenden Ruf

Die Gründung der Bergischen Universität war die Entscheidung eines mutigen Einzelnen. Ihre grandiose Entwicklung wurde zu einem Gesamtwerk und einem Prozess, getragen von vielen. Die Zahl der Studierenden hat sich gegenüber der Startphase gut versechsfacht, die Reputation der Bergischen Uni hat bundesweite Akzeptanz, viele ihrer Lehrenden stehen für die Spitze ihrer Fächer. Der seit vierzehn Jahren amtierende Rektor Lambert T. Koch beriet die Bundesregierung, ist Vorsitzender der NRW-Rektorenkonferenz und wurde von der Mehrheit der Hochschulangehörigen vier Mal für ganz Deutschland zum „Rektor des Jahres“ gewählt, zuletzt sogar zum „Rektor des Jahrzehnts“.

Bei allem Respekt vor großen bergischen Persönlichkeiten wie Friedrich Engels, Friedrich Bayer, Else Lasker-Schüler oder dem Solinger Walter Scheel – am meisten und nachhaltigsten hat Johannes Rau mit der Gründung der Bergischen Universität Wuppertal für Stadt und Region gewirkt. Verneigen wir uns zum Jubiläum der Bergischen Universität vor ihm!

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