Unterstützungsangebote Hilfe bei Gewalt auch in Krisenzeiten

Wuppertal · Die Frauenberatung und das Frauenhaus stellen nach dem Lockdown eine steigende Nachfrage fest.

 Mit einer Plakatkampagne machte die Frauenberatung auf Hilfsmöglichkeiten aufmerksam.

Mit einer Plakatkampagne machte die Frauenberatung auf Hilfsmöglichkeiten aufmerksam.

Foto: Frauenberatung

Beim Verein „Frauenberatung und Selbsthilfe“ am Laurentiusplatz finden Frauen nach sexualisierter Gewalt Hilfe und Unterstützung. Während des Lockdowns hatte das Team wenig zu tun: „Das Telefon stand sehr still“, berichtet Cathrin Kriewen. Sie vermuten, dass den Frauen die Gelegenheit fehlte, Hilfe zu suchen. Und deshalb haben sie unter anderem mit einer Plakatkampagne auf ihr Angebot aufmerksam gemacht.

Zehn Tage hingen an den Schwebebahnhöfen Bilder einer nachdenklichen, in sich gekehrten Frau mit den Worten „Bleib nicht allein“. Mit der Plakatkampagne wollten sie dem schambesetzten Thema eine klare Sichtbarkeit geben, erklärt die Beratungsstelle. Und darauf aufmerksam machen: Auch während der Pandemie gibt es Lösungsmöglichkeiten.

Ausbau des digitalen
Angebots geplant

Während des Lockdowns hätten Frauen weniger Möglichkeiten, sich Hilfe zu holen – weil der Täter vielleicht ebenfalls zu Hause war, weil man nicht mit der Büronachbarin über die sexistischen Sprüche des Kollegen (im Lockdown auch per Videokonferenz) reden konnte, weil viele Anlaufstellen geschlossen hatten, Treffen mit Freundinnen schwierig waren. Und wer nach einer Gewalttat traumatisiert sei, könne durch die allgemeine Situation und fehlende Ablenkung zusätzlich verunsichert werden.

Ob es mehr oder weniger sexualisierte Gewalt gegeben hat, könnten sie nicht sagen, denn es gebe keine gesicherten Zahlen, so Cathrin Kriewen. Aber es bleibe eine Straftat und trotz einiger Schwierigkeiten gebe es Hilfsmöglichkeiten. Auch die anonyme Spurensicherung im Helios-Krankenhaus sei weiter möglich, bei der die Spuren und Abstriche gespeichert werden, so dass die Frauen in Ruhe überlegen können, ob sie Anzeige erstatten.

Inzwischen melden sich wieder mehr Frauen bei der Frauenberatung. Und künftig will das Team das digitale Angebot ausbauen, um Frauen auch per Mail, Chat oder Video beraten zu können.

Beim Thema häuslicher Gewalt ging die Beratungsnachfrage ebenfalls erst zurück, jetzt sei sie aber wieder da, berichtet Ruth Schnödewind vom Verein Frauen helfen Frauen, der auch das Frauenhaus betreibt. „Im März war es sehr ruhig“, berichtet sie. „Jetzt haben wir eine verstärkte Nachfrage.“ Die Polizei zählt noch weniger Einsätze wegen häuslicher Gewalt als in den Vorjahren (Mai 19: 94, Mai 20; 81; Juni 19: 94, Juni 20: 73) Aber bei Frauen helfen Frauen merken sie: „Wenn einer der elf Plätze im Frauenhaus frei wird, ist er spätestens nach einer Stunde wieder belegt.“ Das sei schneller als in früheren Zeiten, sagt Ruth Schnödewind.

Aus Erzählungen betroffener Frauen weiß sie, dass der Lockdown auch Konflikte verschärft hat. „Bei zwei Fällen war das Homeschooling der Auslöser“, erzählt sie. Wenn es Stress mit den Kindern gebe und die Eltern keine Ausweichmöglichkeit hätten, komme es auch zu Gewalt.

Das Land habe 6000 Euro pro Frauenhaus für Mehrbedarf zur Verfügung gestellt, Das will das Wuppertaler Frauenhaus unter anderem für Laptops fürs Homeoffice und Unkosten für mehr Wohnfläche nutzen. Denn auch im Frauenhaus wird der coronabedingte Abstand eingehalten.

Zum Thema sexualisierte Gewalt veranstaltet der Verein Frauenberatung und Selbsthilfe am 7. Oktober, 17 Uhr, eine Lesung mit Diskussion in der „Schokoladenfabrik“, Obergrünewalder Straße 8a: Die Autorin Bettina Wilpert liest aus ihrem Buch „Nichts, was uns passiert“.

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