Ewigkeitsprinzip Friedhofskultur und Grabruhe unterscheiden sich in den Religionen

Wuppertal · An der Krummacher Straße soll es künftig neben Gräbern von Christen und Juden auch solche von Muslimen geben.

 Auf der Grünfläche im Hintergrund, nordöstlich des jüdischen Friedhofs (im Vordergrund), soll der muslimische Friedhof entstehen.

Auf der Grünfläche im Hintergrund, nordöstlich des jüdischen Friedhofs (im Vordergrund), soll der muslimische Friedhof entstehen.

Foto: Fries, Stefan (fri)

Wenn es nach dem Verein „Muslimische Friedhöfe Wuppertal“ geht, dauert es nicht mehr lang, bis auch muslimische Verstorbene an der Krummacher Straße begraben werden. Dann werden Friedhöfe von drei großen Religionen nebeneinander liegen – ein in Deutschland bisher einmaliges Projekt. Die Friedhofskultur und die Organisation eines Friedhofs ist dabei in einigen Bereichen gleich, in anderen unterschiedlich.

Ein großer Unterschied besteht darin, wie lange Gräber als solche bestehen. 25 Jahre sei die Ruhezeit in der Regel auf christlichen Friedhöfen, erklärt Philipp Sonnek, stellvertretender Verwaltungsleiter des Evangelischen Friedhofsverbands Wuppertal. Das hänge auch von der Bodenbeschaffenheit ab. Die evangelische Kirche halte noch eine Pietätsfrist von weiteren zehn Jahren ein, bevor ein Grab eingeebnet werde. In eine Grabstelle könne nach einer Erdbestattung noch eine Urne beigesetzt werden. Verlängern Angehörige die Grabstelle nicht, wird der Stein entfernt, die Fläche meist zur Wiese.

Denn die Gräber auf den Friedhöfen werden eher weniger. Ein Grund dafür ist der Trend zur Urnenbestattung. Urnengräber brauchen weniger Platz, viele Flächen bleiben frei. Weil mit weniger und kleineren Gräbern auch weniger Geld hereinkommt, Kosten für Pflege von Wegen und Grünanlagen aber weiter anfallen, arbeiten viele Friedhöfe an neuen Finanzierungskonzepten.

Philipp Sonnek erläutert, dass etwa 70 Prozent der Kosten durch Gebühren für Grabstelle und Beerdigung gedeckt sind, 30 Prozent durch gewerbliche Angebote wie Gärtnerei-Dienste. „Friedhöfe bekommen keinen Cent von den Kirchensteuern“, betont er. Derzeit beschäftige den Friedhofsverband etwa die Frage, wie eine Sanierung des denkmalgeschützten Torbogens an der Krummacher Straße finanziert werden kann.

Auch bei Juden müssen Gebühren für die Beerdigung und Grabstelle den Betrieb des Friedhofs finanzieren. Aber Grabstellen sind hier nicht auf Zeit belegt. Leonid Goldberg, Vorsitzender der Jüdischen Kultusgemeinde Wuppertal, betont: „Bei uns besteht ein Grab für immer und ewig.“ Die jüdische Gemeinde sei daher dankbar, dass die evangelische Kirche ihr die Fläche an der Krummacher Straße zur Verfügung gestellt hat. Denn auf den älteren jüdischen Friedhöfen der Stadt gibt es keinen Platz mehr. 2008 wurde der Friedhof an der Krummacher Straße eröffnet. Von den 2000 Grabstellen sind bisher knapp 200 belegt.

Als Abraham Sarah begrub –
das war das erste Begräbnis

„Ein Friedhof ist für uns noch wichtiger als eine Synagoge“, sagt Leonid Goldberg. Er erinnert daran, dass Abraham ein Stück Land kaufte, um seine Frau Sarah beerdigen zu können. „Das war das erste Begräbnis.“ Beten könne man überall, aber eine Trauerstätte sei an einen Ort gebunden.

Im Judentum sei wichtig, die Gleichheit der Verstorbenen zu betonen. Daher werden alle in schlichten Särgen begraben, die Grabsteine sind einfach und nur mit Namen und Daten versehen. Manchmal werde das Grab mit einer Steinplatte geschlossen.

Auch bei Muslimen gilt ein „Ewigkeitsprinzip“ für Friedhöfe. Aber das bezieht sich nur auf den Friedhof, der müsse ewig bestehen bleiben, heißt es auf der Internetseite des Vereins Muslimische Friedhöfe Wuppertal. Eine Grabstelle könne aber nach einer ausreichenden Ruhezeit wiederbelegt werden. „Der Islam ist da pragmatisch“, erklärt Alen Huduti, Vorsitzender des Vereins. Für den geplanten Friedhof planten sie derzeit mit einer Liegezeit von 30 Jahren.

Bis das vorgesehene Gelände, das der Verein von der evangelischen Kirche erworben hat, voll belegt ist, wird es wohl dauern. 1200 Grabstellen sind vorgesehen. Der Verein rechne aber mit einer Nachfrage. Auch Corona habe bei Muslimen zum Umdenken geführt, berichtet Huduti. Es sei schwierig geworden, Verstorbene außer Landes zu bringen.

Durch eine Änderung der Gesetze ist es jetzt möglich, Menschen ohne Sarg zu bestatten, wie es in muslimischen Ländern üblich ist. Huduti erklärt, dass die Verstorbenen in der Aussegnungshalle gewaschen und in ein Tuch gehüllt werden. In einem Sarg sollen sie zur Grabstelle gebracht, dort dann ohne Sarg in die Erde gelassen werden.

Die Gestaltung der gesamten Friedhofsfläche soll schlicht sein, eine Gestaltungssatzung ist in Arbeit. „Wir hätten gern, dass es möglichst einheitlich ist“; sagt Huduti. Der Friedhof soll einen parkähnlichen Charakter haben.

Auch der muslimische Friedhof soll sich über Gebühren finanzieren. „Wir müssen sehen, ob das gelingt“, sagt Huduti. „Wir haben keine Erfahrungswerte.“ Die Höhe der Gebühren werde sich an der des städtischen Friedhofs orientieren.

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