Justiz Falscher Polizist: „Ich wollte schnell Geld verdienen“

Wuppertal · Angeklagte im Betrugsprozess räumen alle Vorwürfe ein und schildern ihr Vorgehen.

 Betrüger gaben sich als Polizisten aus.

Betrüger gaben sich als Polizisten aus.

Foto: dpa/Silas Stein

Wegen gewerbsmäßigen Bandenbetrugs stehen derzeit drei Männer von 22 bis 25 Jahren aus Norddeutschland vor dem Landgericht. Sie räumten ein, sich an Taten nach der Masche „Falsche Polizisten“ beteiligt zu haben. Heute bereuten sie das. Ein Opfer war ein Wuppertaler (72), der den Tätern insgesamt 66 000 Euro übergeben hat.

Besonders ausführlich berichtete ein 22-Jähriger, wie er per Telefon gelenkt wurde, um Geld von den Betrugsopfern zu holen. Einer der Mitangeklagten hatte ihn angesprochen, ob er schnell Geld verdienen wolle. Es seien Kurierdienste, er dürfe aber keine Fragen stellen. Der 22-Jährige, ein Student, ließ sich darauf ein. Er habe Geld gebraucht, das er seinem Bruder in Syrien schicken wollte, damit dieser fliehen kann, bevor er zum Militär eingezogen wird. Er beteuerte: „Es tut mir leid.“

Über ein neu gekauftes Handy bekam er als erstes die Anweisung, nach Limburg zu fahren. Erst kurz vor dem Ziel erhielt er die Adresse. Die Hausnummer durfte er nicht ins Navigationsgerät geben, sollte an dem Haus vorbeifahren, weiter weg parken. Der Mann am Telefon dirigierte jeden Schritt, wies ihn an, zu Fuß zu der Adresse zu gehen, in eine blaue Mülltonne zu sehen. Dort lag ein Beutel. Dessen Inhalt sollte er erst im Wagen prüfen, dann zurückfahren. Erst zwanzig Minuten später sollte er das gefundene Geld zählen. Es waren 25 000 Euro.

Zurück in seinem Heimatort übergab er das Geld den Mitangeklagten, erhielt seinen Anteil von 1700 Euro. Und den nächsten Auftrag für Salzwedel in Niedersachsen. Der Auftrag verlief nach gleichem Muster: Vorbeifahren, zu Fuß zur Adresse gehen. Bei der diesmal persönlichen Übergabe hatten er wie die alte Dame jeweils das Handy am Ohr, er musste das Kennwort „Blume“ nennen und erhielt einen Beutel mit 25 000 Euro. Nach jeder Fahrt musste er Handy und Navi zerstören, erhielt für den nächsten Auftrag neue Geräte.

Der dritte Auftrag führte ihn nach Wuppertal. Hier legte ein älterer Mann einen Beutel mit 19 000 Euro in die Mülltonne. Der 22-Jährige erfuhr bei seiner Rückkehr, dass sein Mittäter einen Tag zuvor 47 000 Euro bei diesem Opfer abgeholt hatte.

Laut Anklage arbeiteten die drei Angeklagten nach einer bekannten Masche. Danach werden solche Taten von Callcentern im Ausland organisiert. Von dort rufen Täter bei deutschen Senioren an, geben sich als Polizisten aus und überzeugen sie, Bargeld herauszugeben. Etwa weil ihr Geld in Gefahr ist und sie es in sichere Verwahrung geben sollen oder weil es Falschgeld sein soll, das sie gegen echtes Geld austauschen sollen.

In Deutschland soll es zwei Hierarchiestufen geben: Abholer, die nach Anweisung das Geld abholen, und Logistiker, die Abholer anwerben, sie anweisen und das Geld aufteilen. Wobei 50 bis 60 Prozent der Beute an die Callcenter gehen.

Die beiden weiteren Angeklagten im aktuellen Prozess sollen Logistiker gewesen sein. Auch sie räumen die Taten ein, wollen den Opfern eine Zeugenaussage vor Gericht ersparen. Einer erklärte aber, auch er habe nicht als Logistiker, sondern nur in untergeordneter Position gearbeitet. Und wies daraufhin, dass durch seine Aussage ein Callcenter in der türkischen Stadt Bursa identifiziert werden und die Mitarbeiter festgenommen werden konnten. »S. 18

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