Die Sauer-Orgel in der katholischen Hauptschule Elberfeld zählt zu den letzten Aula-Orgeln in NRW Eine Orgel im zweiten Dornröschenschlaf

Wuppertal · Die Sauer-Orgel in der katholischen Hauptschule Elberfeld zählt zu den letzten Aula-Orgeln in NRW.

 Angelika Kozinowski-Werler vor der Sauer-Orgel in der katholischen Hauptschule Elberfeld.

Angelika Kozinowski-Werler vor der Sauer-Orgel in der katholischen Hauptschule Elberfeld.

Foto: Fischer, Andreas H503840

Musikalisch stand das Jahr 2021 im Zeichen der Pfeifen und Register, denn Deutschlands Landesmusikräte erklärten die Orgel zum Instrument des Jahres. Die meisten deutschen Orgeln stehen in Kirchen. In Wuppertal, einer Stadt mit großer Orgelbautradition, standen viele Orgeln aber ebenso in privaten Gebäuden und in den Wohnhäusern des wohlhabenden Bürgertums. Auch in Schulen waren Orgeln früher eine Selbstverständlichkeit. Sie wurden bei Feierlichkeiten, Andachten und Konzerten eingesetzt. Heute existieren in Wuppertal nur noch zwei: die 1950 erbaute Walker-Orgel in der Kapelle des St. Anna-Gymnasiums und die Wilhelm-Sauer Orgel in der Aula der St. Laurentius-Schule am Robert-Daum-Platz.

Diese Orgel ist ein wertvolles und außerordentliches Kulturerbe, und sie zählt zu den letzten Aula-Orgeln in NRW. 1899 erbaute die renommierte Werkstatt Wilhelm Sauer aus Frankfurt an der Oder das Instrument für das damalige ElberfelderRealgymnasium. Die Orgel, ein typisches Kind ihrer Zeit, war mit vollpneumatischer Traktur das Modernste, was es damals im Orgelbau gab. Durch den Tastendruck am Spieltisch strömt Luft durch ein Rohrleitungssystem, der Luftdruck öffnet das Pfeifenventil. Mit 486 Pfeifen in zehn Registern war die Orgel als Begleitinstrument für die Feiern der Schule gedacht. Die mehrheitlich acht Zoll langen Pfeifen sorgen für einen vollen, warmen Klang, und wenn Organistin Angelika Kozinowski-Werler Musik von Händel spielt, füllt sie die über 300 Quadratmeter große Aula mit beeindruckend schönen Klängen.

Das Instrument mit zwei Manualen und Pedal klingt auch solo hervorragend. Die Organistin ist begeistert von dieser 122 Jahre alten Orgel, ihrem transparenten Klangbild und ihrem Facettenreichtum. Sie ist zu Gast in der St. Laurentius-Schule, um dieses einzigartige Instrument für die Serie der WZ vorzuführen. Ansonsten liegt die Orgel seit fast zwei Jahren in einem „Dornröschenschlaf“, denn das Instrument, das im Herbst 2019 aufwendig restauriert in die Schule zurückgekehrt war, wird nicht genutzt.

Zuvor war sie jahrzehntelang missachtet worden, 40 Jahre wurde sie nicht bespielt. 1981 lag ein Antrag auf Restaurierung im Haushaltsplan der Stadt vor, doch der wurde nicht bewilligt und die Orgel verschwand immer tiefer hinter Vorhängen, Stühlen und Bühnenbildern der Theaterkurse, bis sie schließlich fast in Vergessenheit geriet. Erst als ab 2009 die Schule renoviert werden sollte, wurde die Orgel, die sich inzwischen in einem extrem schlechten Zustand befand, wiederentdeckt. Danach war sie neun Jahre lang bei einem Orgelbauer in Höxter eingelagert.

Die Renovierung der Schule war 2014 abgeschlossen. Mit Wandmalereien und Ornamenten erinnert die prachtvolle Schulaula seither an die Historische Stadthalle, aber für eine Orgelrestaurierung gab es noch immer keine Gelder. Es gab Fürsprecher und Spenden, bei der Stadt dachte man über den Verkauf der Orgel nach, doch dann stellte das Gebäudemanagement 110 000 Euro zur Verfügung. Die Firma Sauer und Heinemann, eine Orgelbauwerkstatt mit einer Tradition von über 180 Jahren, konnte 2018 mit der aufwendigen Restaurierung beginnen. Aufschluss darüber geben einige „vorher-nachher-Bilder“ auf der Homepage der Orgelbaufirma.

Ein Jahr lang arbeiteten die Experten an der historischen Orgel. Das Instrument wurde zerlegt und gereinigt, fehlende Teile ersetzt oder wiederhergestellt, eine weiße Lackierung wurde durch eine Lasur ersetzt, Elektromotor und Spielbank erneuert. Der Spieltisch, der sich links neben dem Orgelprospekt befindet, erstrahlt in neuem Glanz. Sogar der alte Blasebalg wurde restauriert, so dass die Orgel ohne Strom von Hand betrieben werden kann. Eine allerdings sehr anstrengende Angelegenheit.

Im Herbst 2019 stellte die Organistin Kozinowski-Werler den Schülerinnen und Schülern der Jahrgänge fünf bis sieben an einem „Orgel-Projekttag“ die besondere Orgel vor. Seitdem blieb das Instrument ungenutzt. „Die Orgel muss häufiger und regelmäßig gespielt werden“, darüber sind sich die Musikerin und der kommissarische Schulleiter Wolfgang Steffens einig. Doch Musiklehrer gibt es nicht, Musikunterricht findet seit Jahren nicht statt, Adventsfeiern oder Konzerte waren in den letzten 20 Monaten nicht möglich.

Nun hofft Steffens darauf, dass sich viele Organisten bei ihm melden, die auf dieser einzigartigen Orgel spielen wollen. Außerdem möchte er, dass das Instrument einen festen Platz im Lehrplan der Schule bekommt, denn außer den Fächern Musik und Religion spielen bei der Orgel Physik, Mathematik und Technik bedeutende Rollen. „Auf jeden Fall muss die Orgel gespielt werden. Das liegt mir sehr am Herzen“, sagt Schulleiter Steffens und freut sich auf entsprechende Anfragen.

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